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der Welt noch immer unbekannt war. Mehr und mehr wurde dieses Studium zu seiner vorwiegendeu Lebensaufgabe.
Da trat Stanley eines Tages, ganz erfüllt von seinen Gedanken und Plänen, in das Bureau des Londoner „Daily Telegraph". Während des Gesprächs mit einem der Redacteure war auch der Eigenthümer der Zeitnng eingetreten. Die Rede kam auf Livingstvne und die Aufgaben, die er ungelöst hinterlassen.
„Könnten und wollten Sie wohl sein Werk vervollständigen?" fragte plötzlich der Verleger. „Und was ist da zu thun."
„Der Ausfluß des Tanganika-See's ist noch nicht entdeckt", erwiderte Stanley. „Wir wissen, mit Ausnahme der von Speke entworfenen Skizzen, fast nichts vom Victoria-See, wir wissen nicht, ob er aus einem oder mehreren Seen besteht und deshalb sind die Quellen des Nils noch immer unbekannt."
„Glauben Sie, daß Sie dies alles feststellen können, wenn wir Ihnen den Auftrag dazu ertheilen?"
„So lange ich das Leben behalte, wird wenigstens Etwas fertig gebracht werden", erwiederte Stanley. „Wenn ich über die zur Vvlleuduug der ganzen Arbeit nöthige Zeit hinauslebe, soll Alles gethan werden."
Vorläufig konnte nur diese Versicherung gegeben werden. Denn der Eigenthümer des „New-Iork Herald", James Gordvn Benett, hatte ältere Ansprüche an Stanley's Dienste. Aber sofort fragte der Heransgeber des Daily Telegraph bei Benett an, ob dieser sich mit dem englischen Blatte verbinden wolle zn einer „Seudung Stanley's nach Afrika, um die Entdeckungen Speke's, Burton's, Livingstone's zu vervollständigen", und Benett blitzte unter dem atlantischen Ocean die lakonische Antwort zurück: „Ja. Benett." So war innerhalb vierundzwanzig Stunden die „neue Mission" Stanley's eine abgemachte Sache.
Mit derselben Eile ging es an die Ausrüstung der Expedition. Nicht mehr als vierzehn Tage wurden dem Reisenden bewilligt, um Boote, eine Jolle, einen Schiffsnachen und einen Flußkahn anzukaufen, Pontons zu bestellen und seine sonstige gesammte Ausrüstung an Gewehren, Munition, Seilen, Sätteln, Arznei und Mundvorräthen herbeizuschaffen, auch um die Geschenke für die Häuptlinge, physikalische Instrumente, Schreib- und Zeichenmaterialien und phvtographischen Apparate?c. aufzutreiben. Das große Boot wurde nach Stauley's eigenen Angaben gearbeitet, fast 12'^ Meter lang, 2 Meter Balkenbreite uud 75 Ceutimeter Tiefe. Dieses Boot ließ sich in füuf Theile zerlegen, und jeder dieser Theile wieder in zwei, wenn der Transport des Füuf- theils noch zu schwer fiele. Auch drei junge Engländer, ein Handlungsdiener