Contribution 
Das zweite Attentat auf den deutschen Kaiser und seine Folgen.
Page
480
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image
 

durch die neue Sachlage gar nicht berührt waren. Wenn es wirklich stichhaltig wäre, daß die jetzt schon bestehende» Gesetze bei strenger nnd ausgiebiger An­wendung ausreichten, um uns gegen den Svzialisinus oder richtiger den vater­landslosen Kommunismus der Sozialoemvtratie zu schützen, dann konnte die That Nvbiling's durchaus keine andere Entscheidung des Reichstages erwarten lassen. Denn auf dessen That steht ohnehin schon nach dem be­stehenden Recht die Enthauptung. Aber die Gründe, welche die frühere Svzialistenvorlage veranlaßten, hatte der Reichstag ausdrücklich abgewiesen. Er hatte uicht erkannt, daß eine Partei, die sich außerhalb des Vaterlandes, des Gesetzes und der gesellschaftlichen und sittlichen Ordnung stelle, anch vom Staate außerhalb des Gesetzes und der Rechtsordnung gestellt werden müsse. Er hatte nicht erkannt, daß die Folgen der bisherigen gntmttthig-milden Praxis gegen die Zerstörer und Leugner unsrer heiligsten Güter schon soweit gediehen >nen, daß uur ein rasches rücksichtsloses Vorgehen uns unabsehbare Uebel erspare. Es konnte unmöglich mit Bestimmtheit garautirt werde», daß die That Nvbiliug's allem dein Mangel dieser Erkenntniß bei etwa hundert Ab­geordneten abgeholfen habe. Auf die Ablehnung des Centrums, der Fort­schrittspartei uud anderer guten Geister durste die Regierung ohnehin gesaßt sein. Wie, wenu die Regierung beim bisherigen Reichstag abermals eine Ablehnung ihrer Vorlagen erfahren hätte! Wie hätte sie dann der Nation bei einer Auflösung des Reichstags gegenübertreten sollen? Hätten nicht gerade alle reichs- und staats- nnd gesellschaftsfeindlichen Parteien aus dieser Sach­lage deu größten Nutzen gezogen?

Allerdings tritt das deutsche Volk uuter den ungewöhnlichsten Verhältnissen, unter dem Drucke einer ungeheuren Aufregung an die Wahlurne. Es wird sich zu vergegenwärtigen haben, daß keineswegs blos die Maßregeln gegen die Svzmlisten, daß die wichtigsten Fragen unsrer Wirtschaftspolitik, unsrer Rechts- einhcit u. s. w. gleichfalls die Aufgabe der ueuen Volksvertretung bilden werden. Aber die nächste Hauptaufgabe bleibt doch das Svzialistengesetz, die Vernichtung der mörderischen Bestrebungen, die gegen die Gesundheit und das Leben unsres nationalen Daseins gerichtet sind. Hier hat vor Allen die nationalliberale Partei die Scharte auszuwetzen, die ihr Sieg im Bunde mit den Reichsseinden bei der letzten Abstimmuug ihr eingebracht. Die Wahlchancen sind ihr nicht ungünstiger als bisher. Was der Hochdruck der augenblicklichen Stimmung ihr vielleicht abwendet und konservativerm Kandidaten zukehrt, verliert die konservative Partei voraussichtlich an Stimmen, da die Wahlen verfassungs­mäßig in die Zeit der Ernte sallen müssen. Möge die nativnalliberale Partei ihrer Aufgabe und ihrer parlamentarischen Geschichte eingedenk sein. Hie litwcillZ, die 8u,1ta.

Mit dem 27. Hefte begiunt diese Zeilschrift das III. Quartal ihres 37. Jahrgangs, welches durch alle Buchhandlungen nnd Postan- stalten des In- und Anslandes zu beziehen ist. Preis pro Quartal 'ci Mark.

Privatpersonen, gesellige Vereine, Lesegesellschasten, Kaffee­häuser und Konditoreien werden um gefällige Berücksichtigung derselben sreundlichst gebeten.

Leipzig, im Juni 1tt7tt. Die Verlagshandlnng.

Verantwortlicher Redakteur- vi. Hans Blum in Leipzig. Vertag von A. L. Herbig in Leipzig. Druck von Hüthel Hcrrmano in Leipzig.