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die daraus entstehen, daß die Rechte, die dem intelligibeln Individuum gelten, das sich entwickelt und in's Unendliche steigert, das Welt und Menschen sich nicht gegenüber stellt, sondern sie umfaßt und in sich ausnimmt, ohne weiteres auf das empirisch-atomistische Individuum übertragen werden. Wir rechnen ferner hierhin die Bezeichnung der Ursachen, welche das Sinken des Idealismus in der Gegenwart herbeigeführt haben, nämlich das Schwinden umspannender Kraft, in Folge dessen das Aeußere riefengroß und der Druck der Verhältnisse unüberwindlich erscheint, während objektiv betrachtet, die Dinge nur dadurch gewachsen sind, daß wir kleiner wurden. Sehr feine und wahre Beobachtungen schließt auch die Beurtheilung des Pessimismus in sich, wenn sie ihn auf das Uebergewicht reflektirender Betrachtung über kraftanstrengendes Wirken, auf Zurückschiebung der Frage nach der Bedeutung des Lebensinhaltes gegenüber der Frage nach dem Glück zurückführt, wenn sie die negative Beantwortung der letzteren daraus erklärt, daß dieselbe das Werthvollste im Leben, die Thätigkeit, außer Acht läßt, wenn sie endlich den Pessimismus des Widerspruchs mit sich selbst überführt, indem derselbe auf der einen Seite leugnet, daß es etwas Werthvolles auf der Welt giebt, während auf der anderen Seite das Leid über das Entbehren doch das Vorhandensein eines Werthvollen vvransfetzt. Wir schließen unsere Mittheilungen aus der vorliegenden Schrift mit dem Wunsch, daß dieselbe einen weiteren Leserkreis finden möge. Die Tendenz, welche sie verfolgt, die Gegenwart zur kritischen Revision ihres geistigen Besitzstandes zu veranlassen, und die gelungene Durchführung derselben giebt ihr An^ spruch auf allgemeinere Beachtung.
Königsberg i./Pr. H. Jacoby.
Literatur.
Die Aufgabe des evangelischen Geistlichen cm der sozialen Frage. Bortrag von Dr. tlleol, Nudolph Kögel. Bremen 1878. C. Ed. Müller's Verlagsbuchhandlung.
Dies ist ein Wort, zur rechten Zeit gesprochen, zur rechten Zeit und vom rechten Mann, wichtig durch das, was es unmittelbar sagt, wichtiger durch das, was es zwischen den Zeilenlesen läßt, uud was als nothwendige Konsequenz aus ihm hervorgeht. Es ist eine Verurtheilung der christlich-sozialen Bestrebungen, die darum nicht weniger trifft, daß sie mit dem Zartgefühl nnd der Milde, welche kollegialische Beziehungen auferlegen, sich verbindet. Der Tenor des Vortrags ist gegen den