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Mit großem Interesse wird daher ein Werk aufgenommen werden, welches soeben im Erscheinen begriffen ist, nnd dessen erster vor Kurzem ausgegebener Theil dem angedeuteten Bedürfniß in der wünschenswerthesten Weise entgegenkommt.
Der Seemann'sche Verlag in Leipzig giebt eine Geschichte der Malerei heraus, welche, wie der von der Verlagshandlung beigefügte Prospekt es ausspricht, in jeder Beziehung, selbst im Format und in der typographischen Ausstattung, ein Seitenstück zu den beiden oben erwähnten Lübke'schen Handbüchern bilden wird, und in dessen Abfassung sich zwei jüngere Kunsthistoriker, Prof. Karl Woermann in Düsseldorf nnd Prof. Alfred Wo ltmann in Prag, in der Weise getheilt haben, daß letzterer die umfänglichere Partie, die Malerei des Mittelalters nnd der Neuzeit, ersterer den kleineren, aber durchaus nicht leichteren Theil der Arbeit, die Malerei des Alterthums übernommen hat. Das Werk wird aus zwei Bänden bestehen, die in neun bis zehn Lieferungen erscheinen sollen, und von denen der erste Band bereits bis Ende dieses Jahres abgeschlossen vorliegen wird. Die erste Lieferung ist vor einigen Wochen ausgegeben. Sie enthält beinahe vollständig die G es chichte d er antiken Malerei. Nach dem Maaße der Ausführlichkeit zu urtheilen, in welcher die Darstellung gehalten ist, dürften in der zweiten Lieferung höchstens noch ein bis zwei Bogen zu erwarten sein, welche dieses Kapitel vollends zum Abschluß zu bringen hätten.
Die Aufgabe, von der geschichtliche:: Entwicklung der Malerei des Alterthums weiteren Kreisen eine richtige Vorstellung zu geben, ist eine sehr schwierige, und man durfte gespannt sein, wie der Verfasser die Sache anfassen würde. In einigen „Vorbemerkungen", die Woermann dem Kapitel über die griechisch-römische Malerei vorausgeschickt hat, spricht er sich selbst über die Grundsätze und Ziele seiner Darstellung klar und bestimmt ans.
Die Schwierigkeit der Sache liegt in der eigenthümlichen Beschaffenheit der Quellen, und hiervon ist ja die Methode der Darstellung durchaus abhängig. Aus den schriftlichen Quellen läßt sich eine sehr wohl zusammenhängende Geschichte der griechischen Maler schreiben. H. Brunn hat sie bereits geschrieben im zweiten Baude seiner 1857—1859 erschienenen epochemachenden „Geschichte der griechischen Künstler". Wie seiner Zeit I. Overbeck's „Geschichte der griechischen Plastik" sich im Wesentlichen an den ersten Band dieses Brunn'schen Werkes anschloß, so fußt nun Woermanu's Darstellung in der
") Geschichte der Malerei herausgegeben von Alfred Wo ltmann. Die Malerei des Alterthums von Dr. Karl Woermann, Prof. der königl, Kunstakademie zn Düsseldorf. Die Malerei des Mittelalters und der Neuzeit von Dr. Alfred Woltmann, Prof. an der k. k. Universität zu Prag. Mit vielen Illustrationen in Holzschnitt. Erste Lieferung, Leipzig, E, A. Seemann, 1378.
Grenzdoten II. 1878. 48