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nisse aus dieser Zeit nicht zu verzeichnen. Das Wichtigste verbleibt der zweiten Hälfte der Session. Die Situation, in welcher dieselbe beginnen wird, dürfte allem Anschein nach nicht weniger düster und verworren sein, als wie sie es zu Anfang Februar war. Die Wandlung, welche sich in der Wirthschaftspolitik der Reichsregierung vorzubereiten scheint, läßt ernste Zusammenstöße im Parlament befürchten. Alles weitere Prophezeien über den Gang der kommenden Dinge aber wäre ein unnützes Spiel. /.
Moritz Karriere, die sittliche Wettanschauung.
Besprochen von I. H. von Fichte.
Die deutsche Literatur besitzt ausgezeichnete Werke gelehrten Fleißes, treuer gewissenhafter Forschung, bewundernswerthen Scharfsinns, welche in allen Gebieten menschlichen Wissens, theoretisch wie praktisch, uns die wichtigsten Ergebnisse errungen haben. Wir belehren uns an ihrem Inhalte, bewundern, verehren wohl auch den Geist ihrer Verfasser; aber wir treten dadurch dem Bilde ihrer innersten Persönlichkeit nicht näher. Diese verschwindet vielmehr für uns in dem stofflichen Interesse, welches die Ergebnisse ihrer Forschung uns bieten.
Anders verhält es sich mit andern Forschern, Denkern, namentlich Philosophen; — und selbst bis ans die Dichter hin läßt dieser Unterschied sich verfolgen. In den Werken dieser Andern legt zugleich ihre Persönlichkeit sich dar; Charakter, Gesinnung in Betreff der höchsten Lebensfragen blicken überall hindurch und fesseln uns eben dadurch nicht blos an die Werke, sondern auch an das Individuum, welches in ihnen also sich ausspricht, — in unwillkürlicher Sympathie, aber nicht selten auch mit antipathischen Regungen, wenn der hindurchblickende Geist uns selbst ein antipathischer ist.
I. G. Fichte hat einmal gesagt, uud es ist ein weit in die Gegenwart hinein wirkender Richterspruch geblieben: — Was für eine Philosophie man wähle, entscheide sich danach, was für ein Mensch man sei. Denn ein philosophisches System sei kein todter Hausrath, den man annehmen oder ablegen könne nach Belieben, oder durch äußere Rücksichten geleitet. Nur beseelt durch den Charakter Dessen, der sich zu ihm bekenne, existire es selbst für ihn. „Darum werde ein erschlaffter, durch Geistesknechtschaft, gelehrten Luxus und Eitelkeit gekrümmter Charakter sich nie zum Idealismus erheben."