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Die türkischen Frauen.
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Die Reform der türkischen Vielweiberei muß am Ursitze des Uebels be­ginnen, da, wo es am großartigsten und schmachyollsten betrieben wird, näm­lich im Serail des Großherrn. Das letztere wird im dritten Theile des Buches von Osmcm Bey einer schonungslosen Kritik unterzogen und der europäische Leser muß geradezu staunen über die Dinge, die er hier zu hören bekommt. Wir haben von europäischen Damen Schilderungen des großherrlichen Harems ge­lesen, auch hat eine französische Erzieherin, welche dort thätig war, vor Jahren ein pikantes Buch darüber geschrieben, aber wohl mit Hilfe türkischer Frauen. Niemand ist in die Details des Harems so eingedrungen, wie Osman Bey. Sieben Klassen von Sultanas, von der Sultcma Valid6 (Sultanin-Mutter) bis zu den kaiserlichen Prinzessinnen herab, existiren im Serail, das nicht weniger als zweitausend Bewohnerinnen hat. Zu diesen kommen 1000 männliche Bediente: Wachen, Lustigmacher, Eunuchen, Köche, Zwerge ein barbarischer Haushalt. Also 3000 müssige, verzehrende, größtentheils unsitt­liche, sich untereinander anfeindende Schmarotzer. Was kostet das! Wie aber die Verschwendung im Serail an der Tagesordnung ist, möge an einem Bei­spiel zum Schluß erörtert werden, das Osman Bey dem wir die Verant­wortung überlassen, anführt. Der Sultan darf nämlich dasselbe Kleidungsstück niemals mehr als einmal anlegen vom Fes und Hemd an bis zu den Pantoffeln. Seine Schneider und Schuster sind fortwährend in Thätigkeit und Eingewöhnung in ein bequemes Kleidungsstück oder ein paar Stiefel kennt der Großherr nicht. Es ist Zeit, daß der Augiasstall des Serails auch einmal geräumt werde. A. Rauchhaupt.

Dom deutschen Ueichstage.

Berlin, 7. April.

Mit dem letzten Tage der Woche ist die zweite Berathung des Reichs­haushaltsetats glücklich zu Ende gediehen. Im Allgemeinen ist der Reichstag den Vorschlägen seiner Budgetkommission beigetreten. Demnach ist das sogenannte Defizit des Negierungsvoranschlags von 28 V2 Millionen Mark ans 6 Millionen rednzirt, um welche Summe die Matrikularbeitrcige also gegen das Vorjahr zn erhöhen sein werden. Dies günstige Resultat ist erreicht zum größeren Theile durch Einschränkungen der Regierungsforderungen, zum geringeren Theile durch Einstellung vorhandener Bestände in die Einnahmen. In letzterer Be-