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sagen, bald setzt er, wenn derselbe Ausdruck im Texte zweimal vorkommt, die Anmerkung, die W. dann selbstverständlich an der ersten Stelle giebt, an die zweite; in anderen Fällen begnügt er sich damit, die W.'sche Anmerkung zu verstümmeln, oder aber, er macht kurzen Prozeß und giebt überhaupt nichts zur Erklärung, und dies gewöhnlich gerade da, wo es am allernothwendigsten wäre. Naheliegenden und zutreffenden Parallelstellen im Kommentar seines Vorgängers geht er geflissentlich aus dem Wege und ersetzt sie durch unpassende. Zu den Worten des Bauern z. B. I, 1: „Wollt er ihm das Bad gesegnet haben" verweist W. auf die Worte Baumgartens im „Tell": „Und mit der Axt hab' ich ihm's Bad gesegnet" — N. führt statt dessen als Parallelstelle an aus „Wallensteins Lager": „Prost Mahlzeit! Da fällt das Ganze gleich." Zn I, 5 „Es soll ein Tag ausgesetzt werden" vergleicht W. eine Stelle aus einer Voß'schen Idylle: „Denn Johanuis hat meine Treuer ausgesetzt zur Hochzeitsfeier". N. dagegen ans „Dichtung und Wahrheit": „Das Einzige halte ich mir aus." Zu den Worten Metzler's V. 1: „Das fühlen sie und werden schwierig" zitirt W. Egmont II, 2: „Das Volk wird höchst schwierig werden", dagegen N. aus der „Jungfrau von Orleans": „Er war ein stolz verdrießlich schwerer Narr" u. s. w. Man sieht: um nicht abschreiben zu müssen, nimmt Naumann lieber seine Zuflucht zu Parallelstellen, die wie die Faust auf's Auge passen. Ein Prinzip, wonach die eine Anmerkung dasteht und die andere nicht, ist nirgends zu entdecken. Das einzige erkennbare Prinzip ist das, mit der auderen Ausgabe womöglich nicht zu kollidiren.
Was der Herausgeber von eigenen Anmerkungen beibringt, ist meistens entweder überflüssig (wie wenn er I, 1 „Glatze" durch „kahler Kopf", „wir müssen fort" dnrch „wir müssen fortgehen" erklärt, oder wenn er Hallelujah, Castor und Pollux, Vettel, Cupido und ähnliches erläutert) oder zieht nicht zur Sache gehöriges herbei (dies ist namentlich in Worterklärungen der Fall, in denen unter a, b, c alle möglichen Bedeutungen, die das betreffende Wort an dieser Stelle gar nicht hat, aufgezählt werden, so bei Fratz, Bengel, Kundschaft, Terminen, loh :e.) oder endlich es ist geradezu falsch. I, 2 zu dem Klosternamen St. Veit verweist Naumann auf das Ende des ersten Aktes, wo Weisungen sagt: „Ich will Bamberg nicht sehen, und wenn Sankt Veit in Person meiner begehrte." An der zweiten Stelle aber bedeutet St. Veit gar nicht den Heiligen, sondern den Teufel (Vgl. im Claudius'schen Rheinweinlied: „Da mag Sankt Veit, der Ritter, Wein sich holen! Wir holen ihn da nicht!") In der Wustmcmn'schen Ausgabe vermißt man hier eine erklärende Bemerkung. Ganz verkehrt ist I, 3 das Wort Berlichingens erklärt: „Wo viel Licht ist, ist starker Schatten." II, 1 erkennt Naumann in der verkürzten Form Weisling eine Anspielung auf den Schmetterling dieses Namens — als