Beitrag 
Ein neuer Band der Amerikanischen Humoristen.
Seite
348
Einzelbild herunterladen
 

348

Prndeuee Palfrey wuchsen die Helden, namentlich Prndenee, stetig vor unsern Augen. Ruth Denham imponirt lediglich durch ihre Schönheit und allenfalls dnrch ihre vier Sprachen. Auch Lynde sinkt mehr und mehr zusammen. Seine letzte große Kraftanstrengung ist eine Reise von Genf nach Paris und von da zurück, fast ohne Aufenthalt, unter Verschmähuug eines Pariser Frühstücks, lediglich zu dem Zwecke, um Onkel Denham und Doktor Peudegrast dort zu holen. Große Schönheiten in der Nüaneirnng der Charaktere, namentlich aber in der Schilderung der Gebirgslandschaft, die Aldrich 1875 selbst bereist hat, sollen dabei vollkommen anerkannt werden. Sie ändern jedoch das Gesammt­urtheil uicht. Auch das erscheint uns unnatürlich, daß der Dichter seine Ge­schichte erzählt, wo kaum die Druckerschwärze der Vermählungsanzeige seines Paares trocken geworden sein kann.

Weit befriedigender als diese erste Erzählung des vorliegenden Bandes erscheinen uns die beiden letzten Stücke:Eine Mitternachtsphantasie" undder kleine Geiger." Die wenigen Blätter, welche den zuletzt genannten Titel tragen, sind die ergreifendste Strafpredigt gegen Kinderarbeit und Wunderkinder- macherei insbesondere, die sich überhaupt denken läßt, getragen von einer Tiefe der Empfindung und des Gemüthes, die der Deutsche eiuem Amerikaner kaum zutrauen möchte. DieMitteruachtsphautasie" dagegen ist ein Erzeugniß der übermüthigsten, glücklichsten Laune, vielleicht zugleich eine treffende Satire auf jene unverbesserlichen Philister, welche an die größten Schöpfungen des Genins die hausbackene Moral und Anschauung ihrer Gemeinplätze legen. Aldrich weißt nach, wie viel glücklicher Hamlet an der Seite Julia's und Romeo als Gatte Ophelia's geworden wäre und führt uns diese angenehmen und vernünftigen Verbindungen leibhaftig vor. So ist aller Mord uud Todschlag erspart und Alles löst sich in allgemeines Wohlgefallen auf.

Der Leser wird dem Buche, trotz aller Schwächen der Haupterzähluug, eine reiche Fülle von Erheiterung und Unterhaltung verdanken.

Dom preußischen Fandtage.

Berlin, 1?. November.

Bis jetzt ist die Signatur der Session eine außergewöhulich große Un­fruchtbarkeit. Das Arbeitsmaterial war schon in der Thronrede sehr knapp beinessen; selbst von den damals angekündigten Vorlagen sind aber die wichtig-