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Vom preußischen Landtage.
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unverhüllten Verlangen nach einer Revision der neuen Kreis- und Prvvinzial- ordnung in den östlichen Provinzen hervortraten. Daß in einem so umfassenden Reformwerke Fehler gemacht werden, liegt in der Natnr der Sache, und mehr noch in dem Antagonismus zwischen Ageordnetenhans und Herrenhaus. Man weiß ja, daß der Behördenpleouasmus, über welchen jetzt so allgemeine Klage geführt wird, wesentlich dem Herrenhause zu verdanken ist. Ohne Zweifel ist es durchaus in der Ordnung, Mängel, welche sich in der Praxis herausgestellt haben, in den für die übrigen Provinzen auszuarbeitenden Gesetzentwürfen zu vermeiden; doch würde nichts im Wege stehen, solche Mängel, vorausgesetzt, daß sie unbestritten sind, genan formnlirt werden können und im Interesse des allgemeinen Besten eine unverweilte Beseitigung erheischen, durch eine Novelle aus der Selbstverwaltungsgesetzgebung der östlichen Provinzen hinanszuschaffen. Aber diese ganze Gesetzgebung, nachdem sie kaum ins Leben getreten, einer schrankenlosenRevision" preiszugeben, würde denn doch gar wenig einer plan­mäßig operirenden Staatsknnst entsprechen und sollte jedenfalls nicht von den­jenigen verlangt werden, welche gegen unsere Zeit den Vorwnrf nnunterbrvchener Gesetzmacherei erheben. Vergesse man doch nicht, welch' großen Antheil an den Klagen über die neue Gesetzgebung allein das Ungemach hat, welches jedes Sicheinleben in ungewohnte Verhältnisse mit sich bringt. Solange dieser un­vermeidliche Uebergangszustand andauert, kann ein unbefangenes Urtheil über den Werth des Geschaffenen gar nicht erwartet werden.

Uebrigens nahmen alle Parteien ans dem Ausdehnuugscmtrage des Cen­trums Veranlassung, ihre Stellung zu der Fortführung der. Verwaltungsreform nochmals zu präzisiren. Neues ist aus den betreffenden Erklärungen nicht beizubringen. Immerhin war wenigstens diejenige von Seiten der national­liberalen Partei unerläßlich. Die halbamtlicheProviuzialkorrespondenz" hatte sich den Ausgang derUrlaubsdebatte" so zurechtgelegt, daß es scheinen mnßte, als hätte sich die nationalliberale Fraktion ganz cinf die Seite der Regierung gestellt. Thatsächlich war dies keineswegs der Fall. Die Partei hatte es einerseits abgelehnt, sich an einem Mißtrauensvotum zu betheiligen, andererseits aber der Regierung über ihren von den Friedenthalschen Aeußerungen über den Umfang des noch anszuführenden Reformwerks abweichenden Standpunkt keine» Zweifel gelassen nnd von einer befriedigenden Verständigung über diese Diffe­renz ihre fernere Unterstützung abhängig gemacht. Bis zum Erscheinen des von dem Minister verheißenen und für die gegenwärtige Session noch bestimmt erwarteten Planes über Fortführung und Abschluß der Verwaltungsreforin bleibt also die Entscheidung über das künftige Verhältniß zwischen der national­liberalen Partei und der Regierung in der Schwebe. In dieser Weise hat Lasker die Situation nochmals ausdrücklich gekennzeichnet.