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trvtzdem aber bereitet er sich zur Fortsetzung semer planvoll erwogenen Störung vor. Plötzlich beginnt er zu husten, als ob sich ihm die Luftröhre zuschnüre. Nunmehr entsteht ein Zwiegespräch zwischen dem Lehrer und Schüler, das von dem Letzteren siegreich zu dem Schlüsse geführt wird: „entweder wird das Fenster geschlossen, oder ich erhalte die Erlaubniß nach Hause zu geheil und mich wärmer anzuziehen." Perner sendet den Hutzler fort und nimmt dann seinen Unterricht wieder auf. Nach zehn Minuten kehrt nnn der Kranke wie- der zurück. Auf Brust und Rücken hatte er sich mit rotheu Schnüren Bettkissen festgebunden, seine Füße und Beine steckten in den Neisepelzstieseln seines Vaters, seiue Hüude in den Muffen seiner Schwestern uud nm den Hals trug er in nngehenren Windungen einen Hanfstrick. Und wie verhielt sich nnn die Klasse bei dem Anblick dieses absurden Flegels? „Zuerst erscholl, so erzählt Herr Eckstein, ein dreisalviges Gelächter. Dann ein dumpfes Geheul, wie es die Rvthhäute beim Angriff auf die Weißen auszustoßeu pflegen; dauu eiu Klatschen, Pfeifen, Scharren, Trampeln und Rütteln, daß mir selbst, der ich doch an das Schlimmste gewöhnt bin, Hören und Sehen verging. Hauau und ich hoben in der Verwirrung unsern Tisch ungefähr drei Zoll über den Boden und ließen ihn dann mit aller Wucht aufdounern, so daß der Staub wie Ofenrauch nach der Decke stieg." Nnr noch eine Episode ans dem rnchlvsen Skandal, dann soll es genug sein. Der Lehrer befiehlt dein Burschen, sich des Strickes zu entledigen, den er um deu Hals trägt. „Ach so, sagte Hutzler, es ist wahr, da wollte ich Sie noch ganz ergebenst um Entschnldignng bitten. Meine beiden wollenen Halstücher sind in der Wäsche und Mutter wollte mir das ihrige uicht hergeben. Da meinte der Vater, so ein Strick sei auch nicht zu verachten und es käme ja nicht darauf an, wie es aussehe, wenu es uur warm hielte. — Mit diesen Worten begann er das halbzöllige Seil von seinem Halse loszuwickeln. In immer größeren Kreisen fegte der hanfgeflochtene Radius um Hutzlers Kopf, und jetzt fehlt nicht viel und die Spitze hätte den Professor ernstlich in seiner Integrität verletzt. Ich brauche hier Integrität als Euphemismus, da es mir nicht wohl ansteht, diejenigen Theile des Doktor Perner uamhaft zu machen, die von dem wuchtigen Strick Hutzlers zunächst bedroht wurden." Fügen wir noch hinzu, daß zuletzt die Federkissen platzten, daß es im Schulzimmer rings wie von Schneeflocken wirbelte, die Seenndaner die Flauinen unter lautem Geheul emporbliesen, Dr. Perner den Hutzler mit der Androhung einer zweitägigeil Carcerstrafe nach Hause schickte, die dieser zu umgehen wußte, so haben wir die Umrisse einer jener „geistvollen" Gymnasial- humoresken wie sie auf Velinpapier unserer Jngend verabreicht, einen so bedeutenden Absatz findeu, daß ihre Auflagen nach zehn bis zwanzigen zählen. Doch weiter! Hätten wir mit Herrn Eckstein allein zn thun, so ginge die Sache