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Eine neue Schrift über den Prozeß Arnim.
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erschienen sind, welche uns genau berichten, welche Ausflüchte der Vertheidiger X,, welche Rechtsbehelfe der Anwalt I und welche Einrede der öffentliche Professor Z vorgeschützt haben, nachdem sogar der Geheime Hofrath Alpha sich zuvor zu eiuer Verurtheilung der Anklageakte iu einem tief wissenschaft­lichen Gutachten aufgeschwungen: nach alledem, sollte man meinen, seien der Worte genug gewechselt, der Schriften pro Nihilo nämlich für deu Grafen Armin und seinen großen Gegner nämlich nicht blos Bismarck, sondern das öffentliche Recht und Staatsinteresse deutscher Nation genug erschienen.

Aber eine Schrift wie die vorliegende hat auch heute noch ihre volle Be­rechtigung. Sie trägt den bescheidenen Titel:Der Prozeß Arnim, dar­gestellt von einem alten Juristen"'"), aber sie bietet ans ihren sechzig Seiten Text mit elf diplomatischen Beilagen auf nicht ganz hundert Seiten - eine knappe und treffende Darstellung des gesammten ungeheuren Materials, eine sichere Beurtheilung aller einschlagenden Rechtsfragen. Auch der Jurist hätte viel Zeit und Mühwaltnng ersparen können, wenn er diese lichtvolle Darstellung früher besessen hätte. Der Verfasser ist vermuthlich ein Süd­deutscher; gewisse Redewendungen nnd Worte, die nur jenseits der einst ver- rufeuen Maiulinie Sprachbürgerrecht besitzen, verrathen das dem norddeutschen Leser. Vielleicht ist deralte Jurist" sogar ein Heidelberger. Um so besser, da von Heidelberg aus ein Theil der unglückseligen, sogenannten akademischen Beredsamkeit und Entrüstung erfloß, welche für denvergewaltigten" Botschafter a. D. in Scene gesetzt wurde.

Niemals ist ein hochstehender Mann ja, um mehr zu sagen, weiter und tiefer zu greife» ein gemeiner Verbrecher, gerechter vernrtheilt worden, als dieser Mensch. Alle Einflüsse, die in Monarchie» denkbar sind, nm richterliche Entscheidungen in einem bestimmten Sinue anzuregen - in Republiken gibt es natürlich anch solche Einflüsse, wenn vielleicht auch in anderer Richtnng sind zu Gunsteu des Grafen Arnim thätig gewesen, aber zu Ehren des deutschen Richterstandes sei es gesagt - umsonst. Anfangs allerdings wagt sich der Richter nnr zaghaft an die, Dank der deutschen Beamteudiszipliu, uur in Jahrhunderten wiederkehrende Aufgabe, einen der höchsten diplomatischen Vertreter der Nation wegen strafwürdiger Vergehen in seiner Amtsführung zu verurtheilen. Das erste Sraferkenntniß des Berliner Stadtgerichts uud noch mehr die famosen Eutscheidnugsgrüude, die noch zuletzt vor ihrem Abdruck ihrer austvßigsteu Stellen entkleidet wurden, legen ein beredtes Zeugniß für die Gewissenhaftigkeit ab, mit welcher der deutsche Richter die ungewöhnliche Aufgabe prüfte nnd löste. Aber immer leichter machte der Augeklagte selbst

^ Hoidolbera, Fr. Basscrmmm, 1877.