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Alfred Rethel´s künstlerischer Nachlaß.
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grust zu Speier. Von den späteren Dynastien hat Nethel vor allem die Habs­burger ausgezeichnet; wir sehen den Gründer dieses mächtigen Geschlechtes in Mm Tagen, wo er noch als Feldhauptmann die Heere vor Straßbnrg und Basel leitete, bis ihu die Knnde seiner Erhöhung erreicht und alle Fehde in Huldigung verwandelt. Von seinen Nachkommen finden wir Kaiser Max, den "letzten Ritter", Karl V., in dessen Reiche die Sonne nicht unterging, und andere mehr sie waren bekanntlich sür denRömer" in Frankfurt bestimmt.

Will man die übrigen Arbeiten Nethel's nach größeren Gruppen theilen, so lassen sich vor allem noch zwei Gebiete hervorheben, aus denen seine Thätigkeit sich mit Vorliebe bewegte und reiche Früchte trug. Das ist zuerst die biblische Geschichte, und dann der rheinische Sagenkreis; ans beiden hat uns Reihet herrliche Compositivnen hinterlassen. Es ist nicht zu läugneu, daß ihm jene gefällige, einschmeichelnde Form fehlt, mit welcher die moderne Kunst so gern das moderne Publikum gefangen nimmt, aber sie entbehren dieselbe lediglich tluf Grund der Größe und des Ernstes, der in ihnen waltet, sie entbehren sie eigentlich nicht, sondern sie verschmähen sie. Jedes sinnliche Moment, jedes Raffinement in der Erfindung nnd in der Durchführung fehlt mit Bewußtsein, und ebeu deshalb erscheint es uns als eine erhöhte Pflicht aller Gebildeten, gerade dieser strengen nnd reinen Knust ihre Theilnahme zuzuwenden. Es wird oft geklagt über den Mangel an solchen Werken nnd daß unser Volk lninitten seiner großen nationalen Erfolge so arm an idealen Erzengnissen sei ^ und doch wird gar mancher Schatz derart, den wir besitzen, verkannt und vergessen. Nethel's künstlerische Schöpfungen sind ein solcher Schatz, ein Stück von dem geistigen Reichthum der Nation, nnd die Veröffentlichung desselben mit allen Opfern, die sie erheischt ist ein nationales Verdienst. In keinem gebildeten Hause sollte ein Blatt dieses großen frühgeschiedenen Meisters fehlen, und wo man es nicht besitzen kann, da sollte man es wenigstens kennen. Sicher wird niemand ohne innere Erhebnng und oft uicht ohne Ergriffenheit diese Blätter betrachten, sie erfüllen den höchsten Zweck der Kunst zu veredeln.

Grcnzbolen III, 1877.