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Klosterleben zur Zeit der Aufklärung : (aus dem Tagebuche eines Mönches.) I.
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auf längere Dauer eingekerkert; dafür zeigte sich aber sein despotischer Sinn um so nnermüdlicher uud erfiuderischer iu kleinen Quälereien. Fast täglich werdeu die ehrwürdigen Väter, die doch zum Theil schon ergrante Männer waren, wie Schulkinder heruntergeputzt; sie werdeu vor ihres Gleiche«, vor Bedienten, Schülern uud fremden Gästen erniedrigt und mit schimpflichen Strafen belegt. Um geringer Kleinigkeiten willen diktirt er ihnen dasBoden­sitzen" bei Wasser und Brod, während nebenan die andern au gefüllter Tafel sich's wohl seiu lassen dürfen, oder er verschließt ihnen den Klvstergarten, ver­bietet das Spazierengehen, läßt sie nicht ausschlafen, erlaubt ihnen nicht am warmen Ofen zu stehen, schickt sie in kalte Zellen, nimmt ihnen die Schlafröcke weg und Hunderte von ähnlichen Chikauen. Wenn die Konveutualeu eiumal bei Bier oder Wem und bei ergötzlichen und belehrenden Gesprächen anfingen, Jammer und Trübsal der Gegenwart zu vergessen und lustiger zu werden als gewöhnlich, so genügte das bloße Erscheinen des Tyrannen, um die muutere Freude der Herren zu stören. Eine große Aufregung rief es unter den In­sassen des Klosters hervor, als er, wenigstens als Drohung, unter dem Dache ein paar Kerker herrichteu ließ. In der ganzen Umgegend wurde von den Keuchen" gesprochen, die für die Neresheimer Mönche gebaut wurden.?. Cölestin erzählte heute im volloquiv- heißt es 1778, daß gestern der Amtsknecht von Ummenheiin zn unsern Keichen ans dem Boden hinaufgelaufen sei. n. b. Es war dieser Tage die Pforte immer offen, weil Man an diesen artigen logissmeute noch bante. So hat auch der Fürwitz den Sohn vom Kanzler und ein paar Bediente hinaufgetrieben. Und so müßen wir also das Gespött der ganzen Welt, des Pöbels und der Kinder werden!"

Seine Hochwürden und Gnaden begnügten sich aber nicht damit, in Person die ihm unterstellten Geistlichen und Laien zu peiuigen; auch die Offizialen, besonders Prior uud Subprior, mußten in ähnlicher Weise vorgehen, wenn sie sich nicht empfindlichen Unannehinlichkeiten aussetzen wollten. Man kann sich kaum eiue Vorstellung davon machen, wie kleinlich oft dabei verfahren wurde. So machte einmal 1778 der Prior, Urbik Faulhaber, im Kapitel dem ?. Karlsub tiwlo eiues unmortifieierten, kommoten jungen Religiösen einen Vor­wurf" daraus, daß erneulich am Tische deu Vorhang aufgezogen hätte." Und es war doch", fügt der letztere sein Verbrechen ernsthaft entschuldigend bei,wirklich um Mittagszeit so dunkles Wetter, daß ich keine einzige Krete des Fisches, den ich vor mir hatte, sehen konnte, und weil ich mich der Gefahr selbe zu verschlucken nicht aussetzen wollte, so kam ich auf den unschuldigen Gedanken den Vorhang aufzuheben, welcher, wie ich glaube, nur wegen der Commodität dcchängt." Aehnliche Vorfälle findet man fast auf jeder Seite; man braucht nicht lange zu lesen, um zu der Ueberzeugung zu gelangen, daß