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München vor hundert Jahren. I.
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oder gar auspichte, daß Flammen und stinkender Qualm den Athem beengte, oder wenn der Kupferschmied ebenda mit wuchtigen Hmnmerschlägen mächtige Knpferplatten zu Braupfannen zusammen nietete, daß es weithin dröhnte. Man stieß sich auch nicht daran, daß der Schrcmnenplatz, dieses eigentliche Herz der Stadt, noch ein Hans aufzuweisen hatte, in dessen oberes Stockwerk eine von außen angebrachte Holztreppe führte nnd daß in Seitengassen Düuger bis zu gelegentlicher Abfuhr niedergelegt wurde.

Im Großen uud Ganzen ließ sich gleichwohl dem damaligen München ein nobles Aussehen keineswegs absprechen. Ja manche Gassen trugen einen aus­gesprochen aristokratischen Charakter. So die Residenz-, die Theatiner-, die Pmuners-, die Promenadestraße u. a. Dort standen die stattlichen Paläste der Grafen Lamberg, Rcunbaldi, Tauffkirchen, Spreti, Haimhausen, von der Waal, Lösch, Lvdron, Larosee, Lerchenfeld, Berchem, Minuzzi, Waldkirch, vieler Freiherren und anderer Adeligen, die, wenn sie auch den Sommer über auf ihren Gütern verbrachten, doch den Winter am Hofe lebten.

Da mag es denn ein eigenthümlicher Kontrast gewesen sein, wenn ein kolossales Schwein, das Eigenthum der Stadt, welches das Privilegium genoß, sich sein Futter frei und unbehelligt auf der Gasse zu suchen, wenn diese MünchenerRennsan", wie das populäre Thier kurzweg hieß, zufällig in jenen Gassen promenirte.

Andrerseits liebten es Gemeinde und Bürgerschaft, ihr Eigenthum mit nicht selten künstlerisch werthvollen Wandgemälden zu schmücken. Ja man kann sagen, daß es München darin allen anderen deutschen Städten voraus that. Da sah man an des Kaufmanns Claude Cler Haus an der Kanfinger Gasse von Christof Schwarz gemalt den Raub der Sabinerinnen und vielfache Allegorien auf deu Handel, am Hause der Bäckenknechtbruderschaft im Thal Kaiser Ludwig den Baier, wie er den tapferen Münchener Bäckenknechten, die ihm die Schlacht bei Ampfing hatten gewinnen helfen, Privilegien verleiht, und am Hause der Mönche von Ettal an der Fürstenfeldergasse die Gründung ihres Klosters durch den nämlichen Kaiser. Nicht weit davon im Färbergraben war die Schlacht am weißen Berge (1620) dargestellt, von hundert und aber hundert Marien- und anderen Heiligenbildern gar nicht zu reden. Am Send- lingerthor war z. B. die Mutter Gottes vou Altötting als Thorwart bestellt, und unter ihrem Bilde war die Bitte zu leseu:

O Jungfrau. Maria, laß nicht herein, Was dieser Stadt kann schädlich sein!

Außerdem trugen viele Häuser Fresken, 'die auf das Gewerbe ihrer Eigen­thümer Bezug hatten. So ließen Bader daran den barmherzigen Samariter, Wirthe den Gang nach Emans malen. Auch der Humor fehlte uicht: am

Grenzboten III. 1877. 44