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gliedert. Es fehlte ihm aber auch nicht an einer äußeren Veranlassung zn dieser Verschiebung der Ereignisse. Die Quelle nämlich, der Uhland folgte, waren diesmal nicht die „Schwäbischen Annalen" des Crnsius, sondern die ebenfalls lateinisch geschriebenen „Hirsauer Annalen" des 1516 als Benediktinerabt in Würzburg gestorbenen Johannes Trithemius (aus Trittenheim). Tritheim aber erzählt die Belagerung von Heimshein oder Heimsen irrthnm- licher Weise zweimal, das einemal im unmittelbaren Anschluß au den Ueberfall im Wildbad, das anderemal richtig im Jahre 1395. Uhland folgte der für seine Zwecke besser brauchbaren Ueberlieferung. Tritheim erzählt unter anderem: „Als der Graf von Eberstein, die Ritter nud Streiter, die alle darin (in Heimsheim) waren, sahen, daß sie von Eberhard umgangen waren, bewunderten sie seiue Kühnheit und, nachdem sie einen Rath unter einander gehalten, beschlossen sie die Sache tapfer anzugreifen uud warfen unausgesetzt Steine und Geschosse in das Wirtembergische Lager. Der Graf aber befahl seinen Bauern, von denen eine große Menge da war, Holz aus dem nächsten Walde in Masse zusammenzutragen, riugs an die Stadtmaner zu legen, Naph- tha und Pech darauf zu schütten und es danu anzuzünden. Als das die Belagerten von innen sahen, baten sie den Grafen um Frieden, nnd nachdem dieser unter gewissen Bedingungen bewilligt war, stand man vom Angriff auf die Stadt ab und ließ die Eingeschlossenen durch eiu eiuziges Thor herausziehen. Und als nun die Ritter der Reihe nach als Gefangene aus der Stadt herauszogen und voran jene drei Hauptleute des Heeres, die sich Könige nannten, da sagte ein Bauer aus dem Lager Eberhard's, ein Witzbold, der mit andern am Thore stand: Ha, wie schon hat sich das getroffen! Sieh, da kommen drei Könige, wenn noch eiu vierter da wäre, so hätten wir ein vollständiges Kartenspiel." Man sieht, wie eng sich hier der Dichter an seine Quelle angeschlossen hat.
Wenden wir uns endlich zu den „französischen" Balladen Uhland's, die Eichholtz behandelt hat. Während seines Aufenthaltes iu Paris (Mai 1810 bis Januar 1811) schrieb Uhland am 29. October 1810 an Fouque': „Gegenwärtig ist meine liebste Zeit, in der ich mich mit altfranzösischen Dichtungen beschäftige. Ich habe besonders eine Reihe normännischer Kunden von eigenthümlicher Trefflichkeit aufgefunden, von denen ich bereits einige übersetzt. Ich wünschte überhaupt eine Sammlung von Uebersetzungen und Bearbeitungen altfranzvsischer Dichtungen zusammenzubringen. Diejenigen Dichtungen nehmlich, die mir in der Form, in welcher ich sie vorfinde, schon vollendet erscheinen, übersetze ich getreu, cmdere, die durch unangemessene Einkleidung, besonders durch Weitschweifigkeit entstellt sind, such' ich zu bearbeiten; denn hier scheint mir die Treue eben darin zu bestehn, daß die lebendige Sage von der