Contribution 
Die älteste Hochschule : Rede zur akademischen Feier des 3. August 1877
Page
329
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image
 

329

stndiren, und so strömte denn aus Griechenland und Italien, aus Kleinasien und vom Pontns Euxinns, aus Syrien, Arabien und Aegypteu die Blüthe der mäunlichen Jugend, Jünglinge von 16 Jahren und schon reifere Männer, die vornehmeren und reicheren begleitet von ihren Pädagogen, in Athen zu­sammen, um dessen viel bewunderte Sophisten und Philosophen zn hören. Schon am Hafen wurden die Ankömmlinge von älteren Studenten empfangen, in die Stadt geführt und wo möglich sofort für eine bestimmte Landsmann­schaft, meist die ihrer heimatlichen Provinz, nnd damit zugleich für den Un­terricht bestimmter Lehrer gewonnen. Denn die Studentenschaft theilte sich in Landsmannschaften unter Vorstehern, die eine große Rolle anch im akademisch­wissenschaftlichen Leben spielten. Das Eigenthümliche an diesen Landsmann­schaften war nämlich das, daß jede von ihnen mit gewissen Lehrern der Hoch­schule im innigsten Zusammenhange stand. Alle ihre Glieder mußten die Vorlesungen gerade dieser Lehrer besuchen, sie mußten darauf ausgehen, für ihre Schulen Jünger zu gewinnen und andern Lehrern Znhörer abwendig zn machen, und so groß war dieser Eifer, daß sie in den Ferien als Emissäre in die Provinzen reisten nnd für ihre Landsmannschaft nnd die Lehrer, welchen diese anhing, Propaganda machten. Gerade dadurch wnrden die Streitigkeiten und Eifersüchteleien der Lehrer an der Hochschule so bitter und häufig so tnrbnlent, daß jeder derselben über einen Haufen begeisterter Anhänger gebot, denen es für eine Bethätigung ihres wissenschaftlichen Eifers galt, einmal in das Auditorium seines Gegners einzudringen und mit Lärmen und Schreien dessen Unterricht zn unterbrechen oder die Disputation in einer fremden und feindlichen Schule in einen regelrechten Faustkampf zu verwandeln. Und doch, trotz dieser Auswüchse war eine solche Schwärmerei für einen Lehrer und eine Lehre, in der sich eine ganze Landsmannschaft zusammenfand, noch ein gehalt­volleres Ideal, als die Interessen, welche die deutschen Studenten in den Zeiten des rohen Pennalismns nach dem dreißigjährigen Kriege bewegten nnd ge­wissen Kreisen derselben in verfeinerter Gestalt auch heute noch nicht ganz fremd geworden sind.

Allein mit der Ankunft in Athen und dein Anschluß an eine Landsmann­schaft wurde man noch nicht sofort Stndent. Basilius nnd Gregor von Nazicmz, zwei kappadokische Jünglinge ans christlichen Familien nnd später berühmte Kirchenlehrer, die im vierten Jahrhundert die Hochschule von Athen bezogen, wissen davon noch Anderes zn berichten. Die Studenten hatten einen Einmeihnngsritus eingeführt. Bei Abend nnter Fackelschein wurden die Neu­angekommenen, von einem großen Hänfen ihrer Kommilitonen begleitet, in ein Bad geführt. Auf dem Wege wnrden sie dnrch plötzliche Angriffe erschreckt; man verweigerte thuen scheinbar den Eintritt in das Bad, bis sie ihn sich er- Grenzboten III. 1377. 42