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Uhland´sche Balladenstoffe. I.
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mich zu erschrecken", und trug damit den Pokal oder Becher mit sich sort. Der König befiehlt nun vier Trnchsessen, dem Knaben zn folgen; sie gehen ihm nach und erkennen Bertha wieder, worauf drei von ihneu zurückkehren, um den Kaiser für sie um Gnade zu flehen. Dieser gewährt die Bitte, ohne zn wissen, wen er begnadigt, und läßt zwar, als er darüber aufgeklärt ist, die Schwester durch Frauen und Jungfranen einholen, wird aber bei ihrem An­blicke wieder so von Zorn übermannt, daß er sie mit einem Fußtritt zu Boden streckt.Dem Knaben Orlando ging dieser seiner Mntter geschehener Gewalt sehr zu Herzen, fiel derowegen in großer Verbitterung den Kaiser an und da er von den nächsten Hofherrn nicht wäre abgehalten worden, hätte er sich an der Person des Kaisers vermuthlich so weit vergriffen, daß ihm das Leben gekostet hätte." Karl sieht dann seine Uebereilung ein, und es erfolgt die Versöhnung, in welche später auch der nnr durch Zauber ferngehalteue und wiedergefundene Milon eingeschlossen wird.

Die Art und Weise, wie Uhland den Stoff behandelt hat, beweist in jedem Stück den echten Dichter. Dadurch, daß er die der Haupthandlung vor­ausgehenden Ereignisse in das Klagelied Bertha's verlegte, vermied er einen Wechsel des Schauplatzes uud gewann einen kürzeren Eingang beides für ein Gedicht von kleinerem Umfang entschiedene Vortheile. Von Bertha's Klage bildet er sich dann durch die Aufforderung an Roland, in die Stadt nach Almosen zu gehen, einen trefflichen Uebergang znr Haupthandlung. In der letzteren aber hat sich Uhland in allen wesentlichen Punkten an seiner Quelle gehalten, nnr daß er das, was dort auf zwei Tage vertheilt ist, in einen zu­sammenfaßt, und daß er den Angriff Noland's auf den Bart des Kaisers, als gar zu reckenhaft, übergangen hat. Fast das ganze Zwiegespräch Karl's mit Noland aber, mit seinen schönen Strophen:

Ist deine Mutter so edle Dam', Wie du berühmst, mein Kind, So hat sie wohl ein Schloß lustsam Und stattlich Hvfgesind'.

Sag' an! wer ist denn ihr Truchseß? Sag' an! wer ist ihr Schenk? Meine rechte Hand ist ihr Truchseß, Meine linke, die ist ihr Schenk."

Sag' an! wer sind die Wächter trc» ? Meine Augen blau allstund." Sag' an! wer ist ihr Sänger frei? Der ist mein rother Mund."

ist des Dichters eigenste Erfindung; nur den Zug von der bunten Kleidnng des Knaben hat er an diese Stelle mit hineinverflochten, aber doch in anderer