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Der Handwerksgesell der alten Zeit. II.
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Euer Freundschaft ist wohlbekannt, welch Maßen die Seilerknechte, so in diesen Gegenden dienen, vor einiger Zeit geschworen haben, von solchen Tagen, so sie machten und die Meister lästerten, drängten und zu Kummer, Kosten und Schaden brachten, abzustehen, uud hätte ein Kuecht einen Meister um etwas anzusprechen, der sollte Recht nehmen und geben vor Rath und Gericht, wo der Meister, den er anspricht, gesessen ist, und nirgends anders. Also lassen wir Eurer guten Freundschaft wissen, daß die Seilerknechte solcher Tage den Meistern zu verbieten wieder angefangen und auch dessen Tag gehabt haben vor Kurzem zu Mühlhausen. Weil nun Solchem zuvorzukommen nöthig," ...so gefällt uns und bitten Euch fleißig mit Ernst, daß Ihr die Seilermeister bei Euch besendet nnd die in Eid und Gelübde nehmet, keinen Seilerknecht zn setzen oder Arbeit zu geben, er habe denn zuvor geschworen in der Weise, wie davor begriffen ist, uud auch die Seilerknechte bei Euch alle in Eid nehmt, Solches, wie Andere vorher gethan, und dazu Euch soviel zu be­kümmern und Euren nnd unsern Freunden von Breisach, Kenzingen und Endingen zu verschreibeu und zn bitten, der Sache mit den Seilermeistern nnd Knechten nachzugehen, wie oben begriffen, weil wir denen von Kvlmar auch geschrieben haben."

Ein drittes Beispiel dieser Gesellentage findet sich in einem Schreiben des freiburger Stadtrathes an jenen in Straßburg, welches im Jahre 1496 sich über die Bäckerknechte im Elsaß und im Breisgan ausspricht, und in welchem von acht Bruderschaften die Rede ist, die sich vereinigt haben.

Im sechzehnten Jahrhundert hört jeder Versuch auf, die Gesellenverbände zu unterdrücken, und in den beiden folgenden werden sie von den Obtigkeiten geradezu als Nothwendigkeit betrachtet nnd anbefohlen. Es handelt sich jetzt nur noch darum, den Mißbränchen, die sich mit dem gesicherten Bestand erst recht ausbildeten, wirksam zu begegnen. Eine Menge von Beschwerden nnd Vorschriften ergingen dagegen, aber ohne viel Erfolg. Die Gesellen arbeiteten beharrlich daran, neue Bräuche, Ordnungen und Gesetze zu schaffen und deren Geltung zu erzwingen, und die Rechte der Meister wurden, vielfach zum Schaden des ganzen Handwerkswesens, immer mehr eingeschränkt oder durch Arbeitseinstellung und Auswandern der Knechte nach andern Orten, oder Drohung mit solchen Maßregeln illusorisch gemacht, bis endlich die Regierungen gemeinschaftlich gegen die jetzt fast allmächtig schaltende Gesellenschaft ein­schritten.

Werfen wir nun mit Stahl einen kurzen Rückblick auf die alten Gesellen­verbindungen und vergleichen wir sie mit den sozialistischen Bestrebungen der Gegenwart, so begegnen wir zunächst einer völligen Uebereinstimmung in den eigentlichen und nächsten Zielen. Diese waren bei der alten Gesellenschaft