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Ferdinand Lassalle. I.
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großen Agitationsvereins zur Erkämpfung des allgemeinen gleicheil Wahlrechts drucken und vertheilen ließ. Noch aber schwankte er, als der Verband der Arbeitervereine des Maingaues den Beschluß faßte, ihn und Schulze-Delitzsch zum 17. Mai auf den Arbeitertag zu Frankfurt a. M. einzuladen, wo die beiden Gegner in öffentlicher Wechselrede um den Sieg kämpfen sollten. Schnlze lehnte wegen palamentarischer Geschäfte ab, Lassalle aber kam und hielt an zwei Abenden die große Rede, die bald darauf alsArbeiterlesebuch" im Druck erschien. Er sprach in derselben das vielberufene Wort von der Hundert-Millionen-Anleihe aus, die vorläufig genügen werde, die Entwickelung des nationalen Systems der Produktivassoziationen zu sichern, und deutete gegen den Schluß hin an, daß er, wenn die Versammlung sich gegen ihn ent­scheide, sich wieder ins Privatleben zurückziehen werde. Die große Mehrzahl seiner Zuhörer erklärte sich für ihn, und einen gleichen Triumph erlebte er Tags darauf in Mainz. Wieder berauschte ihn der Jnbel der Menge, und neuer Hoffnungen und Entwürfe voll, begab er sich nach Leipzig, wo am 23. Mai der allgemeine deutsche Arbeiterverein in einer Zusammenkunft der Vertreter von elf Arbeitervereinen gegründet wurde. Der einzige Zweck des­selben sollte nach den Statuten die Wirksamkeit für die Herstellung des allge­meinen gleichen Wahlrechts sein. Der Vorstand soll, so hieß es weiter, ans einem Präsidenten und 24 über ganz Deutschland vertheilten Mitgliedern be­stehen. Ihre Wahl erfolgt durch die alljährlich einmal stattfindende General­versammlung. Der Präsident aber wird das erste Mal auf fünf Jahre ge­wählt. Wenn er es für dringlich hält, kann er, vorbehaltlich der binnen drei Monaten einzuholenden Genehmigung des Vorstandes, alle Anordnungen treffen. Er setzt Zeit und Ort für die Generalversammlungen und Vorstands- berathuugen an. In Behinderungssällen ernennt er einen Vizepräsidenten. Der Kassirer hat auf jede Anweisung des Präsidenten Zahlung zn leisten, während der letztere von jeder Kontrole über das Rechnungswesen ausgeschlossen ist. Das Eintrittsgeld beträgt 2 Silbergroschen, der spätere Wocheubeitrag 6 Pfeuuige. Die Dauer des Vereins ist ans dreißig Jahre fetzgesetzt. Zweig­vereine dürfen nicht gebildet werden, für alle Städte, in denen der Verein Mitglieder hat, ernennt der Präsident Bevollmächtigte. Diese Bestimmungen gaben Lassalle, weun er sich an die Spitze stellen ließ, fast die Gewalt eines Diktators. Noch schwankte er während der Versammlung, dann gab er dem Drängen der Gräfin Hatzfeldt nach. Was er plante, war nichts Kleines: als Vorbild schwebte ihm Cobden's Agitation gegen die Getreidezölle vor, er ge­dachte die großen Zahlen, die ihm unablässig vor den Augen flimmerten, im Sturme zu erobern, er hoffte schon im ersten Jahre hunderttausend Arbeiter unter seinem Programme zu sammelu. Mit Entzücken sprach er von einer