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Ferdinand Lassalle. I.
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betheiligen. Aber sicher war sein Entschluß jetzt gefaßt, an die Spitze des Arbeitervereins zu treten, dessen Plan er in demAntwortschreiben" entrollt hatte, uud von dem er hoffte, er werde binnen Kurzem hunderttauseud Mit­glieder mit 150,000 Thalern au jährlichen Agitativnsmitteln umfassen. Er sollte bald erfahren, wie sehr er sich mit diesem Traume getäuscht hatte. Das Ceutralkvmit6 nahm den Bescheid Lassalle's allerdings zustimmend auf, in gleicher Weise entschied sich der leipziger Arbeiterverein, und czuch in Hamburg, Kölu, Düsseldorf und Solingen äußerten sich Stimmen für ihn. Im Uebrigen erklärten sich durch gauz Deutschland die Arbeitervereine gegen ihn, in Berlin konnte er nicht mehr öffentlich sprechen, ohne tumultuarisch unterbrochen zu werdeu, und die Presse protestirte laut und in den stärksten Ausdrücken gegen seinen Gedaukengaug. Ihren Vorwurf, er sei ein Werkzeug der Reaktion, durfte er mit verächtlichem Lächeln erwidern, schwerer trafen ihn die Angriffe, welche sie gegen die Wahrheit des ehernen Lvhngesetzes richtete. Um diesen zu begegnen, entschloß er sich anderthalb Monate nach Veröffentlichung des öffeutlichenAntwortschreibens" vor den leipziger Arbeitern zu sprechen. Seine Rede erschien dann nnter dem TitelZur Arbeiterfrage", sie besteht in der Hauptsache aus Citaten über die wirthschaftliche Regelung des Arbeitslohnes, die den Werken von Sah, Ricardo, Smith, Röscher u. A. entnommen sind. Die Versammlung, vor der sie gehalten wurde, war 1300 Köpfe stark. Sie erklärte sich mit Ausnahme weniger Stimmen für den Redner, und Lassalle war eiuen Augenblick glücklich über diesen ersten nenneuswerthen Erfolg seiner Agitation. Aber bei kühlerer Betrachtung hätte er sich sagen müssen, daß damit wenig erreicht war. Er hatte einen kleinen Theil der Arbeiter aus seiner Gleichgültigkeit aufgerüttelt, aber aus den Kreisen der gebildeten Welt schallte ihm kein Echo seiner Gedanken entgegen. Niemand bekannte sich zu ihm, keiner wenigstens, der ihm ein werthvoller Bundesgenosse hätte sein können, wollte mit ihm wirken. Rodbertns nannte allerdings in seiner Antwort auf das Schreiben der Leipziger das eherne Lohngesetz unanfechtbar, wollte aber von der Organisation der Arbeiter zn einer politischen Partei nichts wissen. Auch ein so klarer und umsichtiger Kopf wie Bucher schrieb zwar nach Leipzig:Ich verliere keine Zeit, meine Ueberzeugung auszusprechen, daß die Lehre der Manchesterschnle: der Staat habe nur für die Persönliche Sicherheit zu sorgen uud alles Audere gehen zu lassen, vor der Wisseuschaft, vor der Geschichte uud vor der Praxis nicht besteht," hatte aber offenbar auch kein Vertrauen zu den positiven Rathschlügen Lassalle's. Daß der Professor Wuttke sich in der ihm eignen unklaren Weise für den Agitator aussprach, war eher uachtheilig für dieseu als vou Werth.

Deunoch ging Lassalle weiter, indem er die Statuten des zu gründenden