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Zur Erinnerung an Julius Otto.
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Verzeichniß seiner im Druck erschienenen Kompositionen gegeben, in welchem namentlich eine längere Reihe vonTougemäldeu" nndOpernpossen", die meist in den fünfziger Jahren und zum Theil als Gelegenheitskvmpositiouctt zn Festlichkeiten Dresdner Gesangvereine entstanden sind, einen breiten Raum einnimmt; hierher gehören:Im Walde",Am Meeresstrande",Die Nacht",Die Mordgruudbrücke",Die Liedertafel in China" u. a. Am Schlüsse fügt er dann in einer kleinen Anmerkung summarisch hinzu, daß er auch Lieder für eine Singstimme mit Klavierbegleitung, Roudos uud Ron- dinos, dieGesellenfahrten", dastreue deutsche Herz", dieBurschenfahrten", Kantaten und Motetten, Psalmen und Hymnen u. a. geschrieben habe, und stellt so in merkwürdiger Selbstverkennnng Werke, denen er doch seine Popu­larität verdankte, und an die man vor allen Dingen denkt, wenn man den Namen Julius Otto hört, als unwichtiges Anhängsel hin zn solchen, die rasch vorübergegangen und ans enge Kreise beschränkt geblieben sind. Es ist, als ob er, weil seine populären Sachen schließlich in Vergessenheit gerathen waren, selber an ihnen irre geworden und dazu verleitet worden sei, seine Bedeutung auf einem Gebiete zu suchen, wo sie in Wahrheit gar nicht lag.

Otto's Muse trug nicht gerade ausgeprägt individuelle Züge. Wenn etwas ureigenthümliches in seiner Art gewesen wäre, so wäre es ja unmöglich ge­wesen, daß er eines seiner Geisteskinder nicht sofort wiedererkannt hätte. Seine Musik muthet nns oft mehr italienisch als deutsch an, hie und da hat sie mich an Rossini erinnert. In der früheren Zeit blickt Weber manchmal durch, später Mendelssohn, noch später sogar Schumann. Immer ist sie heiter, leicht, graziös, seiue Kirchenmusik mehr weltlich als geistlich, und wo sie innige Em­pfindung zum Ausdruck bringen will, leicht etwas süßlich, aber jederzeit form­gewandt, abgernndet, von sicherster Faktur, immer geworden nnd gewachsen, nie gesucht nnd gequält, immer in hohen: Grade sangbar die menschliche Stimme haben wenige so verstündig zu behandeln und zu benutzen gewußt wie er kurz: durch uud durch musikalisch. Otto war entschieden ein echtes Talent. Bei der Leichtigkeit seiner Produktion ist natürlich anch viel leichte Waare mit uutergelaufeu, aber das meiste erhebt sich doch über jenen fataleil Durchschuitt, den man mit einem treffenden Ansdrnck alsKantoren- und Ka- pellmeistermnsik" bezeichnet. Und eines ist ihm hoch anzurechnen: nie hat er seine Begabung, wie dievornehmen Bänkelsänger" unserer Tage, iu den Dieust ordinärer Spekulation gestellt. Für das Volk nnd für die Jugend ist seine Musik wie geschaffen. Die leichten, vierhändigeu Roudos, die er geschrieben, gehören zn unserer besten Hansmusik sür die Kinderwelt und ver­dienen noch nicht gleich vergessen zu werden, und an seinen Kinderoratorien Das Schulfest",Das Weihnachtsfest",Das Pfingstfest" wird Jung