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fuß Land sein nennt, die Drohung, daß sein Acker Dornen und Disteln tragen soll, und der sechzigjährigen Matrone wie dem jungen Mädchen vom Schmerz des Gebärens geredet wurde. Außerordentlich matt und fade war die neue Spendungsform, welche die „Abendmahlsfeier" des Kirchenraths Lang in Regensburg brachte: „Genießen Sie dies Brodl Der Geist der Andacht ruh auf Ihnen mit seinem vollen Segen. Genießen Sie ein wenig Wein! Tugendkraft liegt nicht in diesem Wein — sie liegt in Ihnen, in der Gotteslehre und in Gott."
Auch auf dem Gebiete der ascetischen Literatur zeigte sich der Umschwung der Zeit. Die Andachtsbücher Arndt's und Cubach's wurden „der vernünftigen Religion zu Liebe" zurückgestellt, und an ihre Stelle traten Hermes' „Handbuch der Religion" (1779) und als besonders beliebt in dieser Zeit Crugott's .Christ in der Einsamkeit" (1761).
Der vernünftigen klugen Geistlichen, welche „die Religion von Unverstand säubern und dem gemeinen Menschenverstände begreiflich machen wollten, waren viele, ihr Prätorium war Berlin. Cramer, der „Chrysostomus des achtzehnten Jahrhunderts", war nur ein Beförderer der aufgeklärten Theologie. Dagegen gehört zu den tonangebenden Vertretern dieser Richtung sehr entschieden der feingebildete Johann Friedrich Wilhelm Jerusalem, Abt von Ridagshausen.
Literatur.
Studien zur semitischen Neligionsgeschichte von Wolf Wilhelm Grafen Baudissin. Erstes Heft. Leipzig, Verlag von Fr. W. Grunow. 1876.
Auf dem Boden der semitischen Neligionsgeschichte hat, wie die Dinge gegenwärtig liegen, zunächst eine besonnene, ehrliche und gründliche Kritik zu arbeiten. Die letzten Jahrzehnte haben hier ungemein viel geleistet, was besser nicht geleistet wäre, und das muß erst ausgejätet und beseitigt werden, ehe man daran gehen kann, aus den spärlichen Resten, die uns von den religiösen Vorstellungen der hier in Frage stehenden Völkergruppe außer dem, was das A. T. enthält, überliefert sind, ein Gesammtbild herzustellen, welches Werth hat und die Probe aushält. Gewiß hat die Phantasie ihr Recht in der Geschichtschreibung, aber sie darf nur mit Material arbeiten, welches eine sorgfältige, gewissenhafte Verstandsthätigkeit, die wir Geschichtsforschung nennen, zusammengetragen hat, und sie muß sich bet ihren Vermuthungen