S77
Abend des ersten Tages der Schlacht bet Culm zwar nicht im engsten Sinne des Wortes auf das Schlachtfeld, wohl aber in dessen Nähe, nämlich nach Töplitz gekommen ist. Während man sodann bisher der Meinung war, im Hauptquartier des Fürsten Schwarzenberg habe der spätere Feldmarschall Radetzky den meisten Einfluß besessen, werden wir hier belehrt, daß es vielmehr der (ehemals sächsische) General Langen«» war, der dort die Hauptrolle spielte, und daß u. A. dieser und nicht Radetzky der Urheber der ersten unglücklichen Disposition zur Schlacht bei Leipzig war. Von besonderem Interesse ist endlich die Mittheilung über Natzmer's und Toll's gemeinschaft- liche Sendung an den König von Sachsen gegen das Ende dieser Schlacht, ein Bericht, den wir, da er Toll's Schilderung ergänzt, im Auszuge folgen lassen.
Bald nach zehn Uhr am 19. October erschien bei dem Monarchen am Thonberge der Oberst Ryssel, um im Namen des Königs von Sachsen Unterhandlungen anzuknüpfen. Er sprach dabei die Bitte aus, daß die in der Stadt befindlichen sächsischen Truppen auf dem Markte vereinigt, aber nicht als Gefangene betrachtet werden möchten; sie sollten auch nicht mehr an dem Gefechte theilnehmen. Daraus wurden Toll und Natzmer mit dem Auftrage an den König abgefertigt, zu erklären: „Von Unterhandlungen mit dem Könige von Sachsen könne nicht mehr die Rede sein, nachdem er alle früheren Anträge der Verbündeten zurückgewiesen habe. Die Stadt Leipzig würde man gern soviel als möglich schonen, wenn der Feind sie unverzüglich räume, auch die sächsischen Truppen wolle man nicht feindlich behandeln, wenn der König sie sofort aus dem Gefechte zurückziehe und man sie in einer rückwärtigen Stellung mit in Pyramiden zusammengesetzten Gewehren finde." Als die Gesandten sich in dem Hause meldeten, wo der König wohnte, und ihn zu sehen verlangten, wurde unter der Umgebung einige Verwirrung bemerkbar. ^ hieß, „Se. Majestät seien jetzt nicht zu sprechen — Se. Majestät seien an Ihrem Schreibtisch beschäftigt." Die Wahrheit zu sagen, hatte der König mit seiner Familie in den Kellern des Hauses Schutz gesucht. Die Gesandten der Verbündeten äußerten, sie müßten ihn sogleich sehen, wenn weiteres Unglück verhütet werden solle. Darauf wurden sie in ein Zimmer gewiesen, und wenige Augenblicke später erschien Friedrich August — in Gala, in der Meißen Uniform seines Heeres, mit Stern und Band seines Ordens, in Es- carpins, seidenen Strümpfen und Schuhen. Natzmer glaubte, diese Borbe- reitungen seien in Erwartung eines Zusammentreffens mit den verbündeten Monarchen getroffen, es ergab sich jedoch, daß sie dem Kaiser Napoleon galten, den Friedrich August kurz vorher empfangen hatte, und vor dem er nie anders erschien. Auf die Unterhandlungen ging der König gar nicht ein. Was die Schonung der Stadt und die deshalb zu treffenden Maßregeln anging, ver-