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in jenem äußersten Fall weder für weise noch für recht halten. Der Staat würde damit in der That unüberwindliche Mächte des Fanatismus nicht blos, sondern auch des Martyriums wecken; er würde zudem vergessen, daß er selbst geholfen hat, diese Macht des Ultramontanismus über das deutsch-katholische Volk großzuziehen, und vor allem würde er dann Unrecht mit Unrecht zu vertreiben suchen, was nie Segen bringt; der deutsche Staat darf das Princip der Religionsfreiheit auch in den schwierigsten Lagen nicht wieder verleugnen. Dagegen stimmen wir dem Verfasser darin vollkommen bei, daß es die Ausgabe des deutschen Staates ist, die römische Kirche unter die Existenzbedingungen des Vaterlandes zu beugen, dagegen die evangelische als den Hort der sittlichen Kraft und Gesundheit der Nation thätlich anzuerkennen und zu bevorrechten. Die von unseren politischen Gewalten noch immer so ängstlich gewahrte „Parität" in der Behandlung beider Kirchen, welche heute die evangelische Kirche unschuldigerweise mitstraft, wo die römische Strafe verdient hat, um ihr morgen ebenso ohne Grund das Maaß der Freiheit dennoch kärglicher zuzumessen als der römischen selbst inmitten des Kriegs mit ihr, — diese mattherzige, abstracte Parität wird einem wirklichen und herzhaften Luum euiqus Platz machen müssen. Dem deutschen Staate geziemt das offene, mannhafte Bekenntniß, daß er sich zu der einen und der anderen Kirche gerade so verschieden stellen müsse, als die eine und die andere in Lehre und Praxis sich zu ihm stellt. In dieser Hinsicht enthalten z. B. die Schulreformgedanken des Verfassers, so viel Ueberspanntes ihnen anhaftet, einen gesunden Kern: es ist gar nicht abzusehen, warum der Staat nicht in Dingen der Schule mit der evangelischen Kirche einen Bund schließen und ein Zusammenwirken organisiren sollte, wie er es der römischen gegenüber schlechterdings ablehnen muß; er wird aus die Dauer gar nicht anders können, wenn die Schule nicht entchristlicht und damit die Jugendbildung entsittlicht werden soll. Geht der Staat so mit der evangelischen Kirche Hand in Hand, bekennt sich zu ihr als der in seinen Augen höchsten, reinsten und deutschesten Ge- meinschaftsform des Christenthums, und gibt sie auf der anderen Seite frei genug, um sie wieder zu einer waltenden Macht im deutschen Geistesleben werden zu lassen; wehrt er dabei mit unwandelbarem Ernst der römischen Kirche, ihre Diener und Pflegebefohlenen vom Lustzug des deutschen Geistes abzusperren, und hält echtchristlichen und -deutschen Regungen wie dem Altkatholicismus Treue und Glauben, dann hat er das Seine gethan, und darf hoffen, daß Gott das Weitere thun und dem Genius des deutschen Volkes verleihen werde, den furchtbaren Riß zu überwinden, den Rom durch unser innerstes nationales Dasein gemacht hat.
Möchte der verehrte Verfasser aus diesen Gegenbemerkungen entnehmen, mit welch durchgängigem Interesse und mit wievieler Sympathie wir seine