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Constantin Rößler´s Schrift "Das deutsche Reich und die kirchliche Frage". II.
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er sich die Heilung des inneren Grundschadens in unserem Nationalleben ver­spricht. Es kommt nach seiner Ansicht daraus an, der Kirche die Mittel ihres Berufs, deren sie sast ganz beraubt ist, und damit ihren Beruf selbst zurück­zugeben. Und nur der Staat meint er kann das thun; es gilt, den Theil seiner sittlichen Aufgabe, der nur mittelst der Religion zu lösen ist, der Kirche zuzuweisen, denselben als Kreis der kirchlichen Pflicht zu organisiren und die Kirche mit den Mitteln für diesen Pflichtenkreis auszustatten. Hiebe! kommt der Verfasser nochmals auf das nothwendige Innehalten in der Ent- kirchlichrmg des Staates zurück.Wenn es so ist, daß der Staat nicht auf irgend einer allgemeinen Bildung ruhen kann, die ein widerspruchsvolles Chaos ist, sondern daß jeder Staat geschichtlich jeder Zeit beruht hat auf einem das Geistesleben zur Einheit verbindenden ethischen Glauben, und daß, so lange die constttutiven Bedingungen des menschlichen Wesens dieselben bleiben, des Staates Zukunft nur aus einem solchen Glauben beruhen kann, so muß der Staat auch demjenigen Glauben, der seine ethische Lebensnahrung bildet, den Schutz und die Pflege angedeihen lassen, die er nach den verschiedenen Bedingungen der verschiedenen Zeiten wirksam zu gewähren im Stande ist." Natürlich sollen die großen Grundsätze moderner Entwicklung, die Glaubens­und Gewissensfreiheit, die Unabhängigkeit der bürgerlichen und staatsbürger­lichen Rechte vom religiösen Bekenntniß, nicht widerrufen werden; auch die Civilstandsgesetzgebung soll im Interesse der Kirche wie des Staates bleiben, ja die Entkirchlichung des Staates soll noch Einen Schritt weiter­geführt und der Eid abgethan werden, dieserMißbrauch der so mangelhast gepflegten Reste religiöser Ueberzeugung zum Ersatz der Tortur", dessen Wirk­samkeit längst nur mehr aus der Furcht vor der bürgerlichen Strafe des Meineids beruhe. Aber vollberechtigt und festzuhalten ist der Unterschied zwischen Religionsgesellschaften, die der Staat nur als Privatvereine gewähren läßt, und solchen, die er als öffentliche Korporationen privtlegirt; noch mehr, der Staat muß neben der Religionsfreiheit, die er allen Glaubensrichtungen gewährt, welche seine Gesetze nicht verletzen, Eine Gestalt der Religion als die Wurzel seines geistigen Lebens erkennen und pflegen, und zu dieser Kirche sagendas Siegel meiner Gunst soll hell und weit auf deiner Stirn leuchten!" Sie muß er schützen gegen alle mit unlauteren Mitteln betriebene Propaganda; ihr muß er in ihren Gotteshäusern, Gottesdiensten, Geistlichen die öffentliche Achtung bezeigen und verschaffen, ihr auch (da der Verfasser, sehr gegen die apostolische Praxis, 1 Kor. 9. 11- das Princip der Kirchensteuer verwirft aus seinen Mitteln das irdische Brod darreichen; nicht ohne Rücksicht auf sie sind die hohen Staatsämter zu vergeben, und die Zugehörigkeit des Herr­scherhauses zu ihr muß selbstverständlich sein.

Andrerseits also soll nun der Staat diese Kirche in evllei'lito zunächst