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Die sächsischen Regierungsbezirke.
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Borbild für die deutsche höhere Verwaltung zu betrachten sei. Vor allem ist zu bemerken, daß während des mehr als zehnjährigen Bestehens des Amtes in Baden kein Verlangen nach Entwickelung einer höheren Selbstverwaltung hervorgetreten ist. Die badischenKreise" (Bezirke) genügen den Selbstver­waltungsaufgaben. Um sie zu kräftigen, wollte man den badischen Kreisen Landesverwaltungsaufgaben übertragen wissen. Man ist jedoch davon wieder abgekommen, weil man sich überzeugen mußte, daß die Größe des Landes eine solche Uebertragung nicht gestattet. In einem Lande wie Baden, Sachsen übernimmt der Staat die Provinzaufgaben mit, er leistet selbst und allein was der Großstaat Provinzen übertragen darf, übertragen soll. Ein Land kann nicht beliebig in Provinzen sich gliedern wollen, das in setner Gesammt­heit selbst nur wie eine Provinz. Die Vorgänge auf dem Gebiete der preußischen inneren Verwaltung sind höchst bedeutsam. Für Sachsen scheint bloß zweierlei unmittelbar zum Muster dienen zu können, die Regelung der Kreisverhältnisse, die bereits bei der Verwaltungsgesetzgebung von 1873 zum Muster diente, und die Verwaltungsgerichtsordnung. Nach Schaffung eines Berwaltungsgerichtshofes wird es sich fragen, in wieweit die niedere Ver­waltungsrechtspflege den Bezirksausschüssen allein und ausschließlich über­tragen werden soll.

Die bei der Regelung des Landarmenwesens zu Tage getretene gesetz­geberische Unsicherheit ist gerade keine willkommene Erscheinung, sie ist die natürliche Folge der neuartigen ungewohnten staatlichen Verhältnisse. Die Geldfrage spielt dabei eine sehr beachtenswerthe Rolle. Ueber die Einwirkung des Landarmenwesens auf den Einzelhaushalt der Verpflichteten sind schwerlich schon feste Urtheile möglich: Wahrnehmungen, wie sie in Sachsen sich geltend machen, verdienen um ihrer selbst willen sorgsame Beachtung. Wenn das Landarmenwesen eine zu schwere Last für die kleineren Verbände bildet im Geiste der Reichsgesetzgebung liegt es die Verbände so groß wie möglich zu gestalten ist es um so mehr geboten Zuschüsse aus Landesmitteln zu bewilligen. Wie die Vertheilung der Beihülfen zu erfolgen habe, ist eine mit mannigfachen Schwierigkeiten umgebene Frage, die sich jedoch an der Hand der Erfahrung befriedigend lösen lassen wird. Vielleicht wäre es am geeignet­sten einen eigenen gemischten Ausschuß, in dem Kammermitglieder sitzen, damit zu betrauen die zur Verfügung gestellte Bauschsumme nach Bedarf auf die Bezirke jährlich zu vertheilen.

So groß die Verwirklichung der Verwaltungsgesetzgebung von 1873, heischt sie fortdauernde Anstrengungen, damit das Werk zu voller Geltung sich erhebt. Diese fortgesetzte Arbeit soll nicht beirren. Wenn es Jahrzehnde und mehr bedarf eine Verfassung zu wahrem Leben zu bringen, wie könnte eine Verwaltung auf ein Werdewort entstehen? Auch bei ihrer Entwickelung