Aus der Jugendzeit der deutschen Kühne.
(Briefe Gotter's an W. H. v. Dalberg.) Von Hermann Uhde.
Eine zusammenhängende eingehende Schilderung des ersten deutschen „Hoftheaters", der Bühne zu Gotha unter dem Herzog Ernst II., soll erst noch geschrieben werden. Bekannt sind aber die äußeren Geschicke dieser Kunstanstalt: sie entstand, nachdem das Schloß zu Weimar 1774 abgebrannt und in Folge davon die dortige Schauspielergesellschaft heimathlos war; Konrad Ekhof blieb die künstlerische Seele des Unternehmens, welches 1779 zusammenbrach, nachdem er sein Auge geschlossen hatte. Alle für die äußere Stellung der Schauspieler, für die Kunst selber gewonnenen Ergebnisse würden verloren gewesen sein, ohne die Dazwischenkamt des Freiherrn W, H. von Dalberg, der — im Begriff, das Nationaltheater in Mannheim zu gründen — aus den Trümmern der Hofbühne zu Gotha eine Anzahl höchst brauchbarer „Subjekte" engagirte. Zum Abschluß der Contracte schickte er einen eigenen Unterhändler nach Gotha, gleichzeitig wandte er sich an Männer, deren Rath ihm ersprießlich sein konnte — zunächst an den Dichter Gott er.
Dieser (geb. am 3. Septbr. 1746) stand damals aus der Höhe seines schriftstellerischen Ruhmes, und Dalberg stets bemüht, seiner Bühne den einzig dauernden, nämlich literarischen Werth zu geben, suchte auch nach dieser Richtung hin Gotter zu gewinnen.
Leider sind Dalberg's Briefe an den Letzteren untergegangen, desto erfreulicher ist, daß Gotter's Briefe an Dalberg sich theilweise erhalten haben. Gleich im ersten derselben sehen wir, mit welcher Theilnahme das Mannheimer Unternehmen begrüßt wurde; wir erfahren, wie gern Gotter für die neue Bühne arbeiten will, wir erkennen in der bescheidenen Art, womit er von seiner in deutscher wie französischer Schule (zu Lyon) erworbenen gründlichen Kennerschaft des Theaters redet, den liebenswerthen, achtbaren Charakter. GrenBote» II- 187K. 6