A
park heißt. Da fragt man ungeduldig nach den Werken des Dichters und hört, wenn unser Freund sehr gut unterrichtet ist, daß Vondel die Dramen Lucifer, Gysbrecht van Amstel, Palamedes u. s, w. geschrieben hat. Da will man nun die Werke selbst einmal sehen; aber das ist unbescheiden, man verlangt zuviel. Die Werke des großen holländischen Dichters besitzt unser gelehrter Gastfreund nicht. Französische, englische und deutsche Klassiker findet man vielleicht bei ihm, mit Nichten aber die holländischen aus der sogenannten Glanzperiode der niederländischen Literatur. Vondel läßt uns aber keine Ruhe, zu gerne möchten wir mehr von ihm erfahren. Wir fragen den Gastfreund, ob er nicht wenigstens etwas aus des Dichters Werken mittheilen könne? Vielleicht wird er uns nun die Anfangsstrophen eines Gesanges recitiren:
Wlö is 1l«zt) äio 200 IwOK ASMtöN,
^00 äiöp ill't vuAo0i'Ai'onä'briz Hellt, Ooor t^cl nooli eonviAluM Aowoten , ronäen, ZiouÄer tsAvn^vivlit.
Aber mehr über Vondel weiß sicherlich auch unser gebildeter Gastfreund nicht. Begreiflicherweise fühlen wir nun unser Herz bedeutend erleichtert, denn wie ein Dämmerlicht erwacht in uns die Erkenntniß, daß es auch gebildete Holländer gibt, die von dem „großen" Vondel nicht viel mehr wissen, als in Bezug auf holländische Literatur recht unwissende Deutsche. — Ja, viele, sehr viele, der allergrößte Theil der gebildeten Holländer hat die Werke Vondel's nie gelesen, und dennoch ist jeder bereit, seinen Ruhm zu verkündigen. Nur Einzelne haben in der letzten Zeit einen leisen Zweifel an der hohen Vortrefflichkeit des Dichters geäußert. Es ist eine schöne Sache, wenn eine Nation ihre großen Männer ehrt und ihnen Denkmäler errichtet; aber man sollte meinen, daß es ihre erste Pflicht sei, die Thaten und Werke dieser Männer kennen zu lernen. Indessen, diese Pflicht haben die Holländer bisher versäumt. Ihre Gelehrten haben sie fortwährend ermahnt, die Werke Vondel's zu studiren, sich an ihnen zu begeistern, aus ihnen zu lernen und ihr nationales Bewußtsein daran zu stärken: aber vergebens! Einige nehmen die Werke zur Hand mit dem guten Vorsatz den großen Dichter kennen zu lernen, sie legen sie aber recht bald wieder auf die Seite. Sind sie enttäuscht? Begreift das Volk seinen Dichter nicht? Ist es zu wenig entwickelt? Ist das Genie Vondel's zu groß für die Fassungskraft des gewöhnlichen Menschenverstandes? Oder wäre Vondel vielleicht nicht der Dichterfürst, für den ihn seine Anbeter ausgeben?
Die Holländer wisfen im Großen und Ganzen die Klassiker und die Literatur anderer Nationen wohl zu versteyn und zu schätzen. An Vorbildung fehlt es ihnen also nicht. Warum ist ihnen Vondel, ihr eigener großer Dichter, so unbekannt? Woher kommt dieses unnatürliche Verhältniß? Sehen wir uns