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Der Anfall Eisenachs an Weimar im Jahre 1741 : Culturbild.
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Landes hatte neben dem Kammerdireetor v. Herda lange Jahre hindurch ein Geh. Rath Namens Gärtner v. Grüneck gestanden, der schon unter der ersten Gemahlin des Herzogs Wilhelm Heinrich wegen Abschließung der Ehepacten aus dem Jdstein'schen Dienste nach Eisenach gekommen und in unwandelbarer Treue bis zur höchsten Stelle des Fürstenhauses emporgestiegen war. Er war, wenngleich alt.noch eine tüchtige Arbeitskraft". Seine geschäftliche Sphäre läßt sich genau mit der eines Departementschefs für Justiz und Cultus in unsern Tagen vergleichen. Man hätte glauben sollen, daß Ernst August an der Hand eines alt bewährten Dieners ruhig den Schwierigkeiten entgegen gegangen wäre, auch wenn sie ihm noch so groß erschienen. Aber unberechen­bar wie er war, offenbar kleinlichen Einflüsterungen Gehör schenkend, hatte er bereits im Frühjahre des Jahres 1741, wo noch Niemand das Ableben des Eisenacher Herzogs ahnen konnte, in geheimer Abmachung mit dem Obristlieutenant v. Reineck, die sofortige Gefangennahme Gärtner's beim Ab­leben des Herzogs verfügt. Als dieser die Augen geschlossen, rückte Reineck unter Bedeckung hinlänglicher,weißbeharter Soldaten", denn nur die Schwarzköpfe durften Cavalleristen sein, in die Wohnung Gärtner's ein, schleppte ihn in ein angemessenes Zimmer des Schlosses, wo er in Gelassen­heit sich der Lecture eines Buches hingab, während die Wohnung unter Entfernung seiner Familie versiegelt wurde.

Die sofortige Meldung von Gärtner's Jnternirung ging nach Ilmenau, wo sich Ernst August aufhielt, ab. Glücklicher Weise hatte Gärtner Zeit ge- funden, den Herzog Ernst August in einem verbindlichen Schreiben als nunmehrigen Landesherrn zu begrüßen, welches ganz geeignet erschien, die vorgefaßte Meinung gegen den alten Geheimen Rath in etwas zu modifteiren. Freilich läßt sich in Mangel gründlicher Nachrichten nicht fest stellen, ob die am 27. Juli dictirte Aufhebung des Gärtner'schen Arrestes eine Folge des Briefes war, oder ob sie aus freier Entschließung hervorgegangen. Genug, Gärtner wurdesofort" auf freien Fuß gestellt, nachdem er vor Notar und Zeugen einen von Ernst August vorgeschriebenen uns unbekannten Eid ge­leistet hatte. Nur im Falle der Weigerung desselben erhielt Obristlieutenant v. Reineck den gemessenen Befehl, den Geheimen Rath sofort wieder beizu­stecken und alle seine Habe von Neuem zu versiegeln.

Von nun an entwickelt sich zwischen beiden Theilen ein an komischen Momenten aber auch an düstern Streiflichtern für die gesammten Zustände des Eisenacher Landes reicher Briefwechsel. Gärtner hatte trotz des für ihn beschämenden Arrestes seine Dienste dem neuen Landesherrn angeboten, und diesen seiner unwandelbaren Treue gegen das angestammte Fürstenhaus um so mehr versichern zu müssen geglaubt, als ihm selbst die Zustände des Landes unerträglich und der dringenden Abhülfe bedürftig erschienen.