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Suworow´s Marsch durch die Schweiz im Jahre 1799. II.
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Bei diesen Worten warf er sich dem Großfürsten zu Füßen und Thränen stürzten aus seinen Augen. Großfürst Konstantin hob den Greis, selbst tief­bewegt, auf und umarmte und küßte ihn; alle Umstehenden fühlten sich, gleich ihm, tiefbewegt; Keiner von ihnen hatte den Feldmarschall je in solcher Erregung gesehen.

Der 70jährige Suworow in taufenden von Gefahren erprobt, unerschütter­lich bis zur Hartnäckigkeit, der durch seine eiserne Willenskraft bisher alle Welt in Erstaunen gesetzt hatte, weinte jetzt vor innerem Schmerz! General Derselben ergriff im Namen sämmtlicher russischer Führer zuerst das Wort: er bürge für die unwandelbare Tapferkeit und die heldenmüthige Selbstver­leugnung der Truppen, welche ohne Murren ihrem großen Führer überall hin folgen würden.

Man begann nun über die zu ergreifenden Mahregeln zu berathen und kam zu dem Entschlüsse, sich über den Pragel-Paß gegen Glarus zu wenden, sich dann mit Linken, den man noch im obereren Linththale vermuthete, zu vereinigen um dann, durch dessen Stärke vermehrt, leichter jede weitere Be­wegung unternehmen zu können. Unter den obwaltenden Verhältnissen war dieß der einzig richtige Weg, der eingeschlagen werden konnte.

Suworow dictirte sogleich persönlich die Disposition. Auffenberg bricht sofort auf, vertreibt den Feind vom Pragel-Paß und drängt ihn so weit als Möglich zurück. Am folgenden Morgen hat Bagration der östreichischen Brigade als Verstärkung zu folgen, dem sich dann die Division Schweikowsky anschließt. Das Corps Rosenberg mit der Division Förster bleibt so lange im Muottathal und hat den Feind im Schach zu halten, bis sämmtliche Truppen und Lastthiere den Pragel überschritten haben.

Dieser Disposition gemäß setzte sich Auffenberg noch am Vormittag in Bewegung, wirft die feindlichen Posten, welche die Paßhöhe des Pragel be­setzt, zurück und steigt in das Klönthal hinab. Ehe er noch den See erreicht, mußte er halt machen, die Nacht überraschte ihn. Bagration und die Division Schweikowsky folgten am andern Morgen. Die ganze Colonne war nicht stärker als 6000 Mann. Die Straße über den Pragel-Paß war, als kürzeste Verbindung zwischen Schwyz und Glarus, wenn auch nur ein Saumpfad, doch immer ein betretener Weg, der wenigstens keine direkte Gefahr für den Einzelnen bot. Oft sehr steil und schmal, ist er doch an keiner Stelle von Ab­gründen begleitet und man kann ihn noch zu den besseren Gebirgswegen zählen. Als Communicationsmittel für eine Armee bietet er jedoch seine großen Schwierigkeiten, zumal auch nur das Marschiren zu Einem darauf damals Möglich war. Von der Paßhöhe (6040 Fuß), die gewöhnlich noch im Hochsommer mit Schnee bedeckt ist, fällt der Weg in das obere Klönthal ab und zieht sich dann in der Thalsohle an einem sumpfigen Moorgrunde hin, Grenzboten I. 187K. 52