Beitrag 
Vom deutschen Reichstag.
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so kommt man hier auf Widersprüche und da auf Widersprüche. Mit der Auffindung eines richtigen Grundsatzes für die Ermittelung der persönlichen Schuld hat sich auch diesmal wieder der Reichstag nutz- und fruchtlos abge­müht. Alte Allianzen und alte Sympathien erschienen dabei im Widerstreit, aber nirgends ein haltbarer Gedanke.

Den Bericht über die drei letzten Sitzungen dieser Woche will ich auf den nächsten Brief verspüren, weil die Nachwirkung derselben sich zum Theil erst bei Abfassung des nächsten Briefes wird übersehen lassen. 0 r.

Kus dem -Llsasz.

1. Februar. 1876.

Sie erinnern sich vielleicht eines Briefes aus dem vorigen Jahre, worin ich Ihnen von einem hier zu Lande verbreiteten Brüsseler BlatteI/Lre ekrötienno" schrieb, dessen Redacteur ein früherer, dem Kirchenbanne verfallener, franzö­sischer Benedietinermönch und dessen Tendenz eine entschieden antiklerikale ist. Jener Mann hatte sich nun vorgenommen, auch im Elsaß durch Wort und Bild, soviel in seinen Kräften stand, zur Wiederherstellung desUrchristen­tums" zu wirken. Zur Unterstützung seines religiösen Reformwerkes hatte er mit Erlaubniß der Behörden verschiedene antiinfallibilistische Broschüren (I^s, Lour äs lioins, I^ö Nartinot, lies lZ6n6äiotin8, I^e iVlaeniav^Iisme re- ÜMux sie.) verbreitet und gleichzeitig in den Hauptstädten des Elsasses (Mülhausen, Colmar u. s. w.) einige Bilder aus der berühmten Kalorie I^^vnarä zu Brüssel ausgestellt, von denen eines eine in Belgien vorgekommene groß­artige Erbschleichern der Jesuiten, ein anderes die Krakauer Nonne Barbara Ubryk, die übrigen ähnliche Vorwürfe klerikaler Verderbtheit behandelten.

Der Pfarrer von Mülhausen, Herr Abbe' Winter er, hielt es für seine Pflicht, vor dem Reichstage für diese Sachen den Kreisdirector von Mül­hausen verantwortlich zu machen. Die betr. Stelle aus seiner Rede lautet nach dem stenographischen Bericht:. . . . Einige Wochen nachher kam nach Mülhausen ein anderer Mann, auch ein Priester, ein vor langen Jahren ex- communieirter Mönch. Er hatte dreimal vor der Zuchtpolizei gestanden in Frankreich, und war einmal wegen Gaunerei der niedrigsten Art zu ^monat­licher Gefängnißstrafe, ein anderes Mal wegen eines andern Vergehens zu ILmonatlichem Gefängniß verurtheilt worden. Er war weder ein Elsässer noch ein Deutscher; er kam um uns das wahre Christenthum zu predigen; und unter dem Schutze desselben Kreisdirectors, der den elscissischen Priester ausgewiesen