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Die Trilogie Karl´s des Kühnen. IV. : Das Verhängniß von Nancy.
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imhne, welche, unter dem politischen wie unter dem militärischen Gesichts­punkte betrachtet, sehr verschiedenen Charakter haben. Es sind Louis XI., Karl der Kühne und das Schweizervolk. Louis XI. repräsentirt jene die großen Vassallen bändigende königliche Macht, welche gewaltige Militairkräfte organisirt und bemüht ist, Einheit in die Regierung und die Verwaltung zu bringen, ein Streben, das zu seiner Vollendung allerdings noch dreier Jahr­hunderte bedürfte. Der Herzog Karl von Burgund stellt die anmaßende und stolze Lehnsherrschaft dar. welche ein Reich ohne Volk und ohne Mittelpunkt gründen zu können glaubt... Seine Macht war groß; aber die zahlreichsten Hilfs­quellen sind nichts, wenn ihrem Gebrauche nicht das Genie vorsteht, und Karl von Burguud hatte nur den Geist des alten feudalen Adels geerbt, der zwar zu sterben weiß, aber unfähig ist, irgend etwas zu leiten ... Man muß indeß zugeben, daß Karl der Kühne mit jenem Geist für das Detail begabt war, welcher den Mecha­nismus der Heere vervollkommnet: ohne Zweifel ein nützlicher Geist, doch weit verschieden von dem Genie, welches große Feldherrn erfüllt und allein große Resultate erzielt. Er war der erste, welcher jene Art des Rechnungs­wesens schuf, die sich stets mehr und mehr entwickelnd, den Kaiser Napoleon sagen ließ, daß man solange keine wahre Armee habe, bevor man nicht jene schreckliche Papier-verwüstende Verwaltung über den Haufen gestürzt, welche das Heer verschütte. Karl der Kühne verpflichtete alle Führer seiner Krieger, schreiben und rechnen zu können, was damals ein Anachronismus war. Seine Soldaten wurden dreimal in die Flucht gejagt von Leuten, die sicherlich nicht

lesen konnten____ Was aber die Hauptsache bei Karl's Misersolgen war,

ist der Umstand, daß er, bereichert durch alle Hilfsquellen, welche die Wissen­schaft entdeckt hatte, diese falsch anwendet; denn er benutzt die neuen Mittel für den Dienst alter Ideen und fällt sterbend zu den Füßen eines Hirten­volkes nieder.

Die Schweizer, durch glückliche, seit mehr als anderthalb Jahrhunderten währende Kämpfe Soldaten geworden, entfalten vor der Welt plötzlich eine neue Kraft, die Kraft einer festen und dtsciplinirten Infanterie. Sie werfen durch ihren Muth einen ungerechten Einfall zurück Zum ersten Mal seit Courtray bändigt das plebejische Fußvolk allein in geordneter Schlacht die Schaaren der vergoldeten Harnische, und mit Erstaunen sieht Europa das Schauspiel eines freien Volkes, welches den mächtigsten Lehnsherrn seiner Zeit unter den Augen eines beifallrusenden despotischen Königs niederwirft."

Soweit Napoleon III.

Die Schlacht bei Nancy führte den Untergang des burgundischen Reiches herbei. Seit diesem Augenblicke stehen sich die beiden größesten Mächte West- und Mitteleuropas: das französische Königthum der Valois und die mit der römisch-deutschen Kaiserkrone geschmückten Habsburger ohne trennende Zwischen-