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in welchem wenige Burgunder dem Tode entrannen. Karl der Kühne blieb so lange im Gefecht als noch irgend Widerstand möglich schien. Erst als überall die Glieder durchbrochen waren und der letzte Rest seiner Garde, zu einem unförmlichen Haufen zusammengeballt, keine Hoffnung längeren Kampfes mehr bot, da suchte der Fürst westlich um Nancy herum zu entkommen. „Nach Luxemburg!" soll sein letztes Befehlswort gewesen sein. Eben spornte er seinen Streithengst, den Mohren, zu gewaltigem Satz, als ihn der schwere Schlag eines Streithammers traf, und er wäre aus dem Sattel gesunken, wenn ihn nicht der treue Hauptmann Cite wieder aufgerichtet, eine Liebesthat, welche dieser mit seinem Leben bezahlen mußte. Jetzt sprengte Karl fast allein weiter. Ein Edelknabe aus dem römischen Geschlechte der Colonna folgte ihm in einiger Entfernung. Der sah, wie das Schlachtroß Karl's an dem sumpfigen Rande des Laxonbaches strauchelte und der Herzog selbst, von Verfolgern umringt, niederstürzte. In demselben Augenblick wurde auch Co- lonna gefangen.
Noch bevor der Sieg für Rene' völlig entschieden war, hatte das vor Nancy zurückgelassene kleine burgundische Belagerungscorps unter Zurücklassung von Geschütz und Geräth den Rückzug angetreten, wahrscheinlich durch den Wald gen Toul. Zugleich war die Besatzung ausgefallen und hatte einen Theil des burgundischen Lagers in Brand gesteckt. Dennoch fand sich in dem von der Wagenburg umschlossenen Haupttheile desselben eine immerhin bedeutende Beute, namentlich 103 Geschütze nebst viel Bannern, Fahnen und Rüstungen. Die prachtvollen Gobelins, mit denen das fürstliche Lagerhaus behängt war. werden noch heut zu Nancy aufbewahrt.
Einen furchtbaren Anblick bot die Wahlstatt dar. An der Stelle, wo der letzte Entscheioungskampf ausgefochten worden, lagen mehr als 4000 Burgunderleichen übereinandergethürmt. Vier Stunden weit waren Weg und Feld mit Leichen besät; es sollen ihrer im Ganzen 7000 gewesen sein, während die Zahl der Gefangenen (meist vornehmere Leute, von denen Lösegeld zu erwarten war) S00 nicht überstieg. Ueber den Verlust der Sieger fehlt es an glaubwürdigen Angaben. Allenthalben erhob sich jetzt das Landvolk, und tagelang war ganz Lothringen Schauplatz grausamen Mordens und Plül" derns der Burgunder und derer, die es mit ihnen gehalten.
Abends spät bei Fackelschein hielt der siegreiche Rene triumphirenden Einzug in Nancy. Am Eingang seines Palastes hatte man ihm ein sonder° bares Schauspiel bereitet durch den Aufbau von Schädeln aller der verschiedenen Thierarten, welche den Belagerten in ihrer letzten Noth zu gezwungener Nahrung gedient.
Erst am folgenden Tage wurde mit Hilfe Colonna's die Leiche Karl's des Kühnen gefunden. Eingefroren lag sie im Bach und mußte mit Aerten