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hält, welche seil der Einsetzung der Reichseisenbahnamts der weiteren Ausbildung der Gesetzgebung auf dem Gebiet des Eisenbahnwesens, insbesondere der Erlassung eines Reichseisenbahngesetzes vom Standpunkt der einzelstaatlichen Souveränitätsrechte aus entgegengesetzt worden sind. Diese ganze Frage gewinnt durch das neue Project eine völlig andere Gestalt. Was bisher eine Minderheit von 14 Stimmen im Bundesrath schon im Entstehen verhindern konnte, soll künftig auf dem Weg der Etatsgesetzgebung — durch die einfache Mehrheit im Bundesrath und Reichstag ohne jeden Eingriff in die Reservat- rechte der Einzelstaaten realisirt werden. Man mißverstehe uns nicht. Wir wissen wohl, daß nach der Verfassung dem Reich ein Expropriationsrecht gegen die Eisenbahnen der Einzelstaaten nicht zusteht. Aber unseres Erachtens bedürfte es auch — vielleicht mit einziger Ausnahme von Bayern — einer Expropriation gar nicht, um in kurzer Zeit sämmtliche Staatsbahnen mit dem Willen der jetzigen Eigenthümer zu einem civilen Preis in die Hände des Reichs zu bringen. Es bedarf hierzu nur einer consequenten Reichspolitik und der Zuweisung der nöthigen Mittel im Wege des Etatsgesetzes. Werfen wir, um diese zu zeigen, einen Blick auf den Südwesten des Reichs, auf diejenigen Staaten, welche aus der Ferne betrachtet wegen ihrer bisherigen Eisenbahnpolitik und ihrer Staatsbahnen — neben Bayern — die meisten Schwierigkeiten zu bieten scheinen, wir meinen auf Baden und Württemberg. Es ist bekannt, daß schon im Jahre 1871 Verhandlungen gepflogen worden waren, um die badischen Bahnen für das Reich zu erwerben. Die Zeit der glänzenden Eisenbahnerträgnisse ist für Baden vorbei, seitdem es genöthigt war, die kostspieligen und wenig einträglichen Schwarzwaldbahnen zu bauen; auch seine früher so äußerst günstige Rheinthalbahn ist durch die Concurrenz der linksrheinischen Reichseisenbahnen, welche eine deutsche Linie von Basel bis an die holländische Grenze darstellen, aufs Höchste gefährdet. Wir glauben nicht zu viel zu sagen, wenn wir behaupten, daß unsere badischen Nachbarn, seitdem sie die Bedeutung dieser Concurrenz erkannt haben, es ernstlich bereuen, nicht die erste Gelegenheit benutzt zu haben, ihre Bahnen um einen angemessenen Preis an das Reich abzutreten. Wir müßten aber das vorgeschrittene politische Verständniß und den praktischen Sinn unserer westlichen Nachbarn völlig verkennen, wollten wir annehmen, daß dieselben etwa auch künftighin den Augenblick vergessen sollten, wo sie — den übrigen Bundesstaaten voraneilend, das Uebersehene nachholen, ihre Bahnen im günstigsten Moment an das Reich übertragen können. Was bleibt dann aber Württemberg noch übrig, wenn es im Westen, Süden und Norden von Reichseisenbahnen umklammert ist, deren Betrieb nach den mit Baden bestehenden Staatsverträgen sich theilweise weit in das eigene Land herein erstreckt? Soll dann etwa Württemberg auf den Grund seines Reservatrechts sich in einen Tarifkrieg