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bestellt. Zum nicht geringen Theile hängt das mit der Beschaffenheit der Straßen zusammen; auf dem Berliner Pflaster müssen auch die besten Pferde sehr bald schlecht werden. Sodann sind die „Droschken 2. Klasse" in Paris gar nicht vorhanden; die einspännige voiture Mes entspricht in ihrer Einrichtung ganz der Berliner „Droschke 1. Klasse", fährt aber im Allgemeinen rascher und stellt sich auf größere Entfernungen, für welche sie doch meistens genommen wird, wesentlich wohlfeiler. Der Mangel der Droschken 2. Klasse aber wird vollständig ersetzt durch den Omnibusdienst, mit dessen Organisation diejenige desselben Instituts in Berlin gar nicht zu vergleichen ist. Die Spree in dem Maße für den Personenverkehr auszunutzen, wie es mit der Seine geschieht, verbietet sich durch die geringere Breite des Flusses; doch ist es mir stets als ein Räthsel erschienen, weshalb die Unterspree, namentlich bei dem kolossalen Sonntagsandrange nach Charlottenburg, gar nicht benutzt wird. Bis vor ganz kurzer Zeit war man für die Verbindung zwischen Berlin und Charlottenburg, von den theuren Droschken abgesehen, auf eine einzige, noch dazu eingleisige Pferdebahnlinie angewiesen. Wie glücklich sind dagegen die Pariser mit ihren Ausflügen nach St. Cloud daran: zwei Eisenbahnen, eine Pferdebahn, und dazu alle Stunden, Sonntags sogar alle halbe Stunden ein Dampfschiff! Freilich werden ja nun auch in Bezug auf die Vervollständigung der Beförderungsmittel in der jungen Hauptstadt des deutschen Reichs die anerkennenswerthesten Anstrengungen gemacht. Der Bau neuer Pferdebahnen schreitet rüstig voran; für die große Stadtbahn, um welche uns Paris zu beneiden haben wird, sind die Vorarbeiten im besten Zuge. Aber ob wir trotzdem Paris in den localen Verkehrsmitteln, ganz besonders im Droschken- und Omnibuswesen, jemals erreichen werden, will mir zum mindesten noch etwas zweifelhaft erscheinen.
Mehr als in allen anderen Beziehungen jedoch macht sich der Unterschied zwischen Paris und Berlin im Punkte der leiblichen Verpflegung fühlbar. Ich bin nicht Sachverständiger genug, um die Marktpreise der Lebensmittel beider Städte mit einander zu vergleichen; das aber kann ich versichern, daß der beklagenswerthe Junggesell, der seinen Schutz gegen den Hungertod in den Berliner Speisehäusern zu suchen gezwungen ist, auch beim besten patriotischen Willen in seiner Brust den Wunsch nicht niederkämpfen wird: „wenn wir doch Berlin gegen Paris austauschen könnten!" Die Speisen der Pariser Restaurants sind durchgängig reichlicher und schmackhafter zubereitet, zugleich aber auch billiger, als in den entsprechenden Berliner Anstalten. Ein Berliner, der in den Restaurants des Palais Royal zum ersten Male dejeunirt, wird die größte Mühe haben, sein Erstaunen in den gesellschaftlich gebotenen Grenzen zu halten. Ein Horso'oeuvre, zwei Hauptgerichte, ein Dessert und eine halbe Flasche trinkbaren Weines, das Alles zusammen für 12 oder