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energisch regiert werde, so würde dieses Bedenken schon fallen. Damit war der Kurfürst einverstanden. Bei Einbeck begegnete den Flüchtigen der von Hannover zurückkehrende Adjutant. Dieser bemerkte, die Hannoveraner würden schon eingerückt sein, allein jetzt, nach der Entfernung der Regierung „könne die ganze Sache ein anderes Gesicht bekommen". Und Vilmar fügt hinzu: „Der Erfolg zeigte, daß er mit der letzten Bemerkung Recht gehabt hatte." AIs in Amensen umgespannt wurde, begab sich Vilmar mal auf die Miststätte. Dort erschien auch der Kurfürst und begann, wie Vilmar berichtet, mit ihm „dasselbe Gespräch von der Feigheit und Flucht". Vilmar suchte nun auf dieser würdigen Stätte dem flüchtigen und belogenen Fürsten noch eindringlicher als zuvor Muth einzusprechen, Fort gings nach Hannover, wo der Kurfürst andern Tags schon um 7 Uhr früh die Unterredung mit dem Könige hatte. Wirklich zog dieser nach dem, was inzwischen geschehen , seine Zusage wegen des Einschreitens in Hessen zurück. Vilmar berichtet, nach des Kurfürsten Erzählung habe der König eingesehen, daß keine Steuerverweigerung der Steuerzahlenden vorliege und erklärt, zur Ausführung einer politischen Maßregel gebe er das Militär nicht her. Nun hielten die Flüchtlinge Alles verloren. Die Hoffnung auf Hannover war bisher der Leitstern gewesen; der Gedanke einer Anlehnung an den kaum erst von Oesterreich für reactivirt erklärten Bundestag war zwar von Hafsenpflug gehegt, hierauf aber den ganzen Plan zu verstellen, war keinem der übrigen Minister bis jetzt eingefallen. Baumbach gab Alles „rein, rein" verloren, Haynau erklärte, er wisse nun kein Mittel, als alles preis zu geben und sofort mit dem für Minden bestellten Extrazug nach Berlin zu gehen. Der Kurfürst wußte auch nicht bessers, hatte jedoch zu letzterem keine besonderliche Lust. In diesem entscheidenden Augenblicke rühmt Vilmar sich seines Eingreifens. Er habe sich zu einem der inbrünstigsten Gebete, die er jemals im Leben gebetet, auf den Fußboden geworfen, sei völlig klar und fest wieder ausgestanden und habe jede Abweichung von der mit dem vorangeeilten Ha'ssen- pflug verabredeten Reise nach Frankfurt als Verrath «n Amt und Land bezeichnet.
Das habe Eindruck auf Haynau gemacht und so sei die abenteuerliche Reise fortgesetzt worden, Vilmar giebt nun viele Details über die zahlreichen und sehr kräftigen Zeichen der Entrüstung, denen der Kurfürst und seine Begleiter von Minden an Seitens großer an den Bahnhöfen versammelter Menschenmassen ausgesetzt waren. Der Telegraph hatte die Nachricht von der Flucht längst verbreitet und überall rief man dem Kurfürsten zu, er sei durchgegangen. Welchen Eindruck dies nach dem Obigen auf den Kurfürsten machen mußte, kann man sich denken, aber das Fatum zog ihn immer weiter fort, und seine ganze Stimmung kam zum Ausdruck, als er, auf dem Bahnhofe zu Dortmund aus-