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ganges; letzterem wurde bedeutet, Niemanden, wer es auch sei, einzulassen. Gleichwohl vernahm man plötzlich Schritte im Vorgange. Wüthend stürzt Vilmar hinaus und steht vor dem Kurfürsten. „Ich wollte blos einmal sehen, was die Herren machen" sagte dieser. Nun galt es erst recht, den sauberen Plan durchzuführen. Der Kurfürst ließ sich denselben vortragen. Wodurch man ihn zu dessen Annahme bestimmte, sagt Vilmar nicht; vielleicht hatte Hassenpflug es ihm verborgen. Man weiß aber jetzt durch das Zeugniß des Ministers Braun in Hannover, über die Unterredung des Kurfürsten mit Ernst August, daß Hassenvflug eine Revolte des Militärs erlogen hatte. „Wir reisen noch diese Nacht", sagte der Kurfürst zu Vilmar, als er das Berathungszimmer verließ. Nun ging, Hals über Kopf, andern Morgens 4 Uhr eine abenteuerliche Fahrt los. Hassenvflug reiste durch Westfalen, um über Köln Frankfurt zu erreichen. Der Kurfürst sollte über Münden, Hannover und Köln dasselbe Ziel erreichen, ebenso mit Extrapost die Minister des Aeußern und des Kriegs, v. Baumbach und v. Haynau nebst Vilmar. Man fürchtete, wie Vilmar berichtet, die vorzeitige Entdeckung der Maßregel, dieser allerlei auf Täuschung berechneten Vorkehrungen. „Ganz wohl war mir bei der Sache nicht, weil ich an der prompten Ausführung zweifelte", erzählt Vilmar. Baumbach traute dem Erfolge noch weniger als ich"; er setzte sogar bedenkliche Zweifel in den Kurfürsten. Und allerdings, hätte dieser noch in Kassel das Lügengewebe durchschaut, er wäre gewiß nicht mitgegangen. In Münden schon bemerkte Baumbach, wie Vilmar erzählt, als die Ankunft des Wagens des Kurfürsten sich verzögerte, und die drei Flüchtlinge bei offenen Fenstern im Wirthshauszimmer, das eben gekehrt wurde, standen, „der Kurfürst werde wohl Alles aufgegeben haben; wer wisse, ob er jetzt nicht schon Wippermann habe kommen lassen und ein neues Ministerium vielleicht schon fertig sei". Letzterer , die Seele des durch Hassenpflug ersetzten März. Ministeriums, war nämlich der Hauptförderer obigen Beschlusses der Stände gewesen. Der Kurfürst erreichte jene drei noch in Münden, aber je weiter man fuhr, desto mehr entfiel den Fliehenden der Muth. Schon in Dransfeld sagte der Kurfürst zu Vilmar: „Ich habe Sie einmal allein sprechen wollen; was sagen Sie zu der Sache?" Nun berichtet Vilmar. wie er dem Kurfürsten Muth zu machen gesucht und diese Reise als das einzig Nichtige dargestellt Hat Vilmar obige Lüge gewußt, so hat er sie hier aufgefrischt, denn er berichtet, daß er dem Kurfürsten vorgestellt habe, wie längeres Bleiben in Kassel „zu den bedenklichsten Folgen" nicht nur für die Regierung, sondern auch für den Kurfürsten selbst geführt haben würde. Das einzige Bedenken, welches der Letztere nur noch vorzubringen wagte, war. wie Vilmar erzählt, die Aeußerung: „Ja, wenn man mich nur nicht für feig hält und es für eme Flucht ausgiebt!" Vilmar entgegnete, wenn nur von Bockenheim aus Grmzbotcn IV. 1875. 5