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Vor den sächsischen Landtagswahlen.
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schmelz sächsischer Lordschaft bliebe auf dem edeln schönen Flügel, der seit den Tagen seiner embryonellen Entwickelung dazu vorausbestimmt war. sich in den Saal der sächsischen Pairie zu schwingen! Schon durch das Gesetz ihrer Zusammensetzung sollte die erste sächsische Kammer hoch über die Zinnen der Partei gehoben werden, in jene seligen Höhen, wo der laute Lärm der Parteien nur ein seliges olympisches Lächeln erweckt, beinahe in jene Bläue, von der aus auch die Weltgeschichte erscheint wie eine winzige Schraube in einer ungeheuren, ewig bewegten Maschine.

Es ist zu-befürchten, daß dereinst, wenn die Weltgeschichte an dem Punkte angekommen sein wird, wo auch das sächsische Herrenhaus für immer dahin ist, das Urtheil der Geschichtsforscher über dieses Gebilde sächsischer Staats­weisheit weniger günstig lauten wird, als über den altrömischen Senat. Als eine Versammlung von Königen ist die sächsische Pairie jedenfalls bisher keinem Sterblichen erschienen. Und wenn man berechtigt ist, parlamentarische Körperschaften nach ihren Leistungen und den Thaten ihrer namhaftesten Mit­glieder zu beurtheilen. so wird in Betreff der ersten sächsischen Kammer und ihrer Wortführer voraussichtlich auch ein billig denkender Mann zu harten Worten gelangen.

Diese Betrachtungen sind wohl berechtigt in einem Augenblicke, wo die stolzesten Aristokraten der sächsischen ersten Kammer, die Kammerherren von Zehmen. von Erdmannsdorff und von Könneritz von ihrer olympischen Höhe hinabsteigen in den Parteikampf, der sich in Sachsen um einundreißig erledigte Wahlsitze entsponnen hat, und versuchen,Conservative" nach ihrem Sinne auch in die zweite Kammer zu schieben. Natürlich ist die Betheiligung der gedachten Kammerherren am Wahlkampf nur bildlich zu verstehen. Sie steigen nicht etwa persönlich in Volksversammlungen auf die Tribüne. Man hat zu diesem Zwecke andere Mittel: die Amtsblätter und die Gutsbeamten und sonstige Bediente genug, umconservative" Propaganda zu machen und dennoch sich die eigene Unnahbarkeit zu reserviren. Man hat vor Allem zu diesem Zwecke den neuenCo n servati ven Verein im Königreich Sachsen" und sein Organ, die Neue Neichszeitung in Dresden.

Das erste wesentlichste Lebenszeichen des Conservativen Vereins war ein programmartiger Erlaß des Vorstandes dieses Vereins, datirt Dres- den d. 24. Juni 1875. Wir erfahren aus dieser Bekanntmachung, daß dieser Verein sich am 24. April d. I.in einer in Dresden abgehaltenen Generalversammlung,, (die damals vor aller Welt sorgfältig geheim gehalten wurde) constituirt hat. und daß der Vorstand des Vereins aus den gedachten drei Kammerherren, einem vierten Kammerherrn v. Burgk. einem adligen Rittergutsbesitzer und sechs gewöhnlichen Bürgerlichen, von denen der bekann­teste der Landtags- und Neichstagsabgeordnete Hofrath Ackermann in Dresden