Beitrag 
Von Tribur nach Canossa : III. Canossa.
Seite
149
Einzelbild herunterladen
 

149

Gebühr mit ihnen geschaltet habe, sich sündig und elend bekannt, nicht mehr werth, des Papstes Sohn zu heißen. Hierauf schrieb Gregor'), über den Brief frohlockend, an einen Bertrauten:Wie viel wir dem König nützen oder andrerseits ihm schaden können, wenn wir unsere schützende Hand von ihm ziehen, wirst du bald, wie wir hoffen, auf das augenscheinlichste erfahren und so einsehen, daß Gott mit uns ist und uns sichtlich unterstützt."

So schreibt kein wahrer Christ, und damit urtheilen wir vom sittlichen Standpunkt über Gregor ab, wie Battmann und Gfrörer, letzterer, bevor er convertirte.

Vom politischen Standpunkt aus, namentlich unter Berücksichtigung der wissenschaftlich erhärteten Thatsache, daß die römische Kirche ein politisches Gebäude ist, daß seine Erbauer mit politischen Mitteln wirken mußten, haben wir zu billigen, daß Niemand ohne seinen Willen und Zuthun von einem Andern, ihm ursprünglich an Macht weit nachstehenden, übervortheilt werden kann. Was die deutschen Herrscher sich vom Papstthum haben bieten lassen, »dafür sind eben sie zuerst verantwortlich. Was auf dem Wege von Tribur nach Canossa aus unsern ostfränkischen, deutschen Staatsanfängen geworden ist, ist nicht blos das Werk einiger doppelzüngigen, alle Mittel lediglich nach dem Erfolge (vgl. Jesuiten) abmessenden Päpste, sondern auch unfähiger Könige, nach Unabhängigkeit strebender Lehensleute derselben, die nur so lange Treue halten, als es ihr Vortheil erheischt, und überhaupt ungeordneter Zustände im Volke. Heute kann uns die Entwickelung des deutschen Wahl­königreichs unter päpstlicher Einwirkung, durch das Bündniß zwischen Papst und untreuen, aufständischen Reichsvasallen, zu einer Aristokratie geistlicher und weltlicher Fürsten, Herren und Städte mit einem aus Lebenszeit ge­wählten Präsidenten unter dem Titel König und Kaiser unter der Ober­leitung des Papstes, der dem Kaiser die zweifelhafte Ehre anthut, ihn des Papstes Sohn, d. h. Kreatur zu nennen, von der Wiederholung des ge­schichtlichen Ganges einer früheren Entwickelungsperiode nur abschrecken und die Vergegenwärtigung dieses Ganges uns politisch also nützen. Heute sucht vergebens der Orden der Gesellschaft Jesu das Spiel zu erneuern, das dem Orden von Clugny gelang.

Im 14. Jahrhundert hat der Umstand, daß der Papst in französische Abhängigkeit gerieth, dazu geführt, daß das deutsche Nationalgefühl, auf zu harte Proben gestellt, selbst die Fürsten dazu lenkte, das Bündniß mit dem Papste zu lösen. Der Kaiser ging jetzt auf ein solches mit dem Papste ein, wie die nach dem Baseler Konzil abgeschlossenen Concordate vor allem be­weisen. Da hat nun die Reformation den gegen Kaiser und Papst auf-

") Der auch schon den Grundsatz der Unfehlbarkeit aufstellte:Die römische Kirche hat nie geirrt und wird in Ewigkeit nicht irren nach dem Zeugniß der Schrift."