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Das eherne Lohngesetz und die Staatsproduction.
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halt erfordere 300 Thaler. Infolge dessen würden die 100 Millionen Arbeiter, wenn nun 500 Thaler an jeden vertheilt würden, sich rasch vermehren, während die 50 Milliarden Ertrag sich nicht vergrößern könnten. Erst wenn die Ar­beiterzahl auf circa 167 Millionen gestiegen wäre, würde die Vermehrung nach Ricardo aufhören, denn 167 Millionen in 50 Milliarden dividirt ergibt ca. 300 Thaler pro Kopf, d. h. den gesetzten nothdürftigen Lebensunterhalt.

Wollten die Socialisten einwenden, daß der Staat ja auch Capital zu vergrößerter Production für die zunehmende Bevölkerung ansammeln und des­halb zwar nicht den ganzen Arbeitsertrag, wohl aber mehr, als der selbst­süchtige Privatunternehmer im jetzigen Arbeitslohn vertheilen werde, so würden sie damit nicht um eine Linie weiter kommen.

Denn erstens: Sobald wieder nur ein Theil, nicht der ganze Arbeits­ertrag verausgabt wird, ist ja sofort wieder das Lohnverhältniß da! der ganze Unterschied würde der sein, daß der Schlotjunker jetzt nicht Hinz oder Kunz, sondern Staat hieße. Zweitens aber kommt es für das Princip nicht darauf an, wie viel mehr über den jetzigen, durchschnittlichen Arbeitslohn, oder dem nothdürftigen Lebensunterhalt an den Arbeiter gegeben wird, son­dern darauf, daß er überhaupt mehr erhält. In demselben Verhältniß, in dem der Antheil des einzelnen Arbeiters an dem Gesammtertrag über dem nothdürftigen Lebensunterhalt steht, in demselben Verhältniß muß die Be­völkerung, also der Divisor wachsen, bis das Niveau des nothdürftigen Lebens­unterhalts wieder erreicht ist!

Man sieht: das Geheimniß des Taschenspielerkunststücks liegt in der Escomotage des WortesArbeitslohn". Es kommt nicht darauf an, unter welcher Bezeichnung, sondern in welcher Höhe der Arbeiter sein Geld empfängt! Das unerbittliche Ricardo'sche Gesetz wird vor dem WortAr­beitsertrag" wahrlich nicht Halt machen, wenn der nothdürftige Lebensunter­halt durch den nvrvu« rvrum Geld unter der BezeichnungArbeitsertrag", statt wie früher, unter der BezeichnungArbeitslohn" überschritten wird!

Mithin ist die Behauptung der Socialisten, durch die Staatsproductivn das direete Einkommen des Arbeiters verbessern zu können: Flunkerei. Wenn Lasalle Recht hätte, daß es in unserer Zeit nur ca. 3"/ Besitzende, dagegen ca. 97^ Nichtbesitzende gäbe, so würde diesem Zustande durch die Staatsproductivn lediglich in der Weise abgeholfen werden, daß die 3"/<> auch zu Nichtbesttzenden würden, daß der einzige Besitzende der Staat wäre, alle seine Mitglieder aber sich mit dem nothdürftigen Lebensunterhalt begnügen müßten.

Chemnitz im Juni 1875. Arthur Gehlert.