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macht, wer schließlich die Redaction in der Hand gehabt: Mes das sind Fragen, über welche eine vollständige Aufklärung vielleicht — vielleicht! — zu gewinnen wäre, falls das ganze Aktenmaterial vorläge. So viel mir bekannt, sind aber die Akten grade jener Jahre so schlecht und so lückenhaft erhalten, daß es gegenwärtig sehr fraglich bleibt, ob wir jemals positiv und aktenmäßig die Entstehungsgeschichte aller der Stein'schen Gesetze kennen lernen können. An einigen wenigen Stellen wissen wir wenigstens so viel, daß der Zusammenhang klar wird. Zu diesen seltenen Fällen gehört gerade das Gesetz vom 9. Oktober 1807. Was Pertz darüber bringt, II. 12 — 30 wird als zuverlässig, als wohlbegründet gelten dürfen. Nicht auf jede Frage wird dabei uns Auskunft zu Theil; aber was wir hier erfahren, reicht doch hin, die Darstellung Schön's als eine stellenweise falsche und stellenweise so unvollständige zu charakterisiren, daß durch die Auslassungen Schön's, die ganze Sache ein anderes Angesicht gewonnen hat*).
Schön geht davon aus, (Selbstbiographie S. 39 ff.) daß er schon seit Jahren vor 1807 den Gedanken in seinem Geiste bewegt, wie die Erbunter- thänigkeit, eine Art von Sklaverei und Schmach seines Vaterlandes, vernichtet werden könnte. Nach dem Sturze der Monarchie, in jener Zwischenzeit zwischen dem Ministerium Hardenberg's und dem Stein's, als er ein Mitglied der Jmmediatcommission gewesen, da habe sich ihm die Gelegenheit geboten, seinen Gedanken auszuführen. Auf den Antrag des Provinzialmi- nisters von Schrötter über eine nothwendige Einfuhr von Vieh habe er „mit gehöriger Kritik des Kuh-Antrages dargestellt, daß hier von höheren Dingen die Rede sein müsse"; die Anderen hätten ihm zugestimmt und er habe das Gutachten gemacht, zur selben Zeit, als seine Frau im Sterben lag: weil er alles daran gesetzt, seinen Bericht erst fertig zu schreiben, habe er seine Frau nicht mehr am Leben getroffen; das Gesetz selbst habe er nicht mehr conci- piren können (wegen seines Schmerzes über den Verlust der Frau); das habe Stägemann gethan; das Gesetz aber habe schon fertig dem Könige zur Vollziehung vorgelegen, als Stein eingetroffen.
Gegen diese Erzählung der Vorgänge bis zum Eintritt Stein's in die Geschäfte erheben sich sehr schwere Bedenken. Mit keiner Silbe erwähnt Schön, daß vor ihm und neben ihm andere Menschen ähnliche Ziele damals erstrebt haben. Er will vielmehr sich hinstellen als denjenigen, der diese Sache zuerst angeregt und Jahre hindurch consequent im Auge gehalten. Ich habe früher im Gegensatze hierzu hingewiesen auf die früheren Versuche der preußi-
") Des Zusammenhanges wegen darf ich es nicht umgehen, hier auch dasjenige noch einmal zu erwähnen, was schon Retchard c>. a. O. S, 741 sehr treffend hervorgehoben hat. Bei metner früheren Auseinandersetzung bin ich an dieser Seite der Sache vorübergegangen, da damals die andere Seite allein von mir berührt werden sollte.