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gewaltiger noch hätte sie wirken müssen in jenen Tagen, da die treuen Söhne der Zairischen Berge, den giftigen Wühlereien der schwarzen Brüt zum Trotze, auf den preußischen Hülferuf zum Rhein eilten!
Vielfach ist gegen das ganze Stück der Vorwurf erhoben worden, daß es zu dürftig motivirt erschien; man sehe zu wenig von den Schandthaten der Römer. Vom Standpunkte der abstracten Beurtheilung ist das richtig. Einem gelehrten Kritiker, der in fernen Zeiten, nach dem Untergange der heutigen Kulturepoche, die Kleist'sche „Hermannsschlacht" vielleicht einmal ästhetisch secirt, mag die Wirksamkeit dieses Dramas unverständlich sein; solange aber ein deutsches Volk lebt mit ungebrochenem Nationalgefühl und ungetrübter Erinnerung an seine Vergangenheit, wird dieser Fehler des Stückes am wenigsten empfunden werden. Es hat die Unterjochung des Vaterlandes zur stillschweigenden Voraussetzung. Und weil die Fremdherrschaft jedem lebenskräftigen Volke als die härteste Schmach gilt, und weil wir diese Schmach über die Maßen haben erdulden müssen, darum übertönt diese beredte Predigt des Hasses gegen die Unterdrücker in uns alle Zweifel der Kritik.
An der Aufführung, welche der „Hermannsschlacht" im Schauspielhause zu Theil^ wird, darf man seine herzliche Freude haben. Wer je gezweifelt hat, daß das vorjährige Gastspiel der Meininger in der Friedrich-Wilhelmstadt ein wahrer Segen für unsere königl. Bühne gewesen, wird jetzt bekehrt sein. Eine so opulente und der historischen Situation genau angepaßte Ausstattung haben wir früher im Schauspielhause nie gekannt. Und auch in der Jnscenirung sind ganz außerordentliche Fortschritte gemacht. Die schwierigen Volksscenen z. B., wenn sie auch die Virtuosität des Thüringer Vorbildes noch nicht ganz erreichen, gelingen jetzt doch wenigstens so, daß sie den Zuschauer wirklich ergreifen, während sie früher nur zu leicht geeignet waren, seine Heiterkeit zu erregen. Kurz, jener Standpunkt, von dem aus man uns zumuthete, mit vornehmer Resignation auf die Staffage im Drama zu verzichten, ist überwunden; die Aufführung der „Hermannsschlacht" gehört zu dem Vollendetsten, was auf unserer Hofbühne je gesehen wurde. —
Eine äußerst anziehende Novität bietet zur Zeit das Stadttheater in Sardou's „Onkel Sam". Der ergebenste und treueste Dramatiker des zweiten Kaiserreichs hat sich seit dem Ende der napoleonischen Herrlichkeit auf die Verhöhnung der Republik verlegt. Hatte es sein „Rabagas" direet auf die französischen Republikaner abgesehen, so beabsichtigt er im „Onkel Sam" seinen Landsleuten in einem „amerikanischen Zeitgemälde" ein abschreckendes Beispiel vorzuführen. In Paris ist das Stück bekanntlich verboten worden, angeblich, weil man Reklamationen des amerikanischen Gesandten verhüten wollte. In Wahrheit fürchtete man sich vor dem Zorn der helmischen Republikaner; wenigstens wäre die Besorgniß wegen einer Beleidigung der Union