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könnten, um dann das Land allein durch das entsprechend verstärkte Oberpräsidium verwalten zu lassen. (Das Oberpräsidium steht im Budget für 1875 mit 504,076 M., die drei Bezirkspräsidien mit zusammen 559.350 M.) Da verlautete unlängst, der Bezirkspräsident von Oberelsaß, Herr von der Hcydt, ein Sohn des weiland preußischen Finanzministers, habe, was sich auch bestätigte, auf den kommenden 1. März seine Entlassung eingereicht. Alsbald entstand, wie von selbst, die Frage, ob das nicht eine günstige Gelegenheit sei, das vorgeschlagene Experiment wenigstens mit der Aufhebung dieses einen Bezirkspräsidiums zu machen, dem dann über kurz oder lang das unter- elsässische folgen könne. In einer Korrespondenz der Kölnischen Zeitung verdichtete sich dieser Gedanke sofort zum feststehenden Plan, eine abwehrende Note der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" folgte rasch, aber doch nicht rasch genug, um die lautesten Weherufe der oberelsässischen Blätter zu ersticken. Den Neigen begann der „Sammler des Oberrheins" (Olanc-ur elu IIg.ut-Ii.Iun), ein seit kurzem erst erstandenes Wochenblatt. In einem wahrhaft ergreifenden Artikel wurde da ausgeführt, daß Colmar eine ruinirte Stadt wäre, wenn ihm das Bezirkspräsidium genommen würde. Denn — der reine Causal- nerus der Verzweiflung! — es werde dann sicher auch das Appellationsgericht .fort kommen und Colmar zum Landstädtchen, ja zum Dorfe herabsinken. Dann folgte in der nächsten Nummer eine Lobpreisung des bisherigen Herrn Bezirkspräsidenten, die derselbe allerdings im reichen Maaße verdient, die ihm aber in solchem aus elsässischer Feder gewiß noch nicht gespendet worden ist. Dieser ausgezeichnete Beamte, war da zu lesen, habe sich lediglich überarbeitet, so viel habe er als Bezirkspräfident zu thun gehabt, und es sei notorisch, daß er immer schon in der Frühe um 4 oder 5 Uhr aufgestanden, nur um die Last seines Amtes zu bewältigen. Nicht lange, so kam auch der „Jn- dustriel" und bewies, diesmal ohne Zahlen, daß Ober- und Unterelsässer zwei ganz verschiedene Nationen seien, jene lebten von der Industrie, diese vom Ackerbau; wenn also das Oberelsaß vom Unterelsaß annektirt werde, so würden die Interessen der oberelsässischen Industrie leiden. Sparen und sparen, sei zweierlei, es müsse am rechten Ort geschehen und Colmar sei eben gewiß nicht der rechte Ort. Daß genau dasselbe auch jedes Kreisstädtchen sagen würde, dem man seinen Kreisdirektor nehmen wollte, scheint der „Industrie!" nicht bedacht zu haben. Dagegen hat er völlig Recht, wenn er sagt, jedenfalls dürfe solch eine Aenderung, welche die ganze Verwaltungsmaschine berühre und z. B. auch die Auflösung des oberelsässischen Bezirkstags nach sich ziehen müsse, nicht durch einen Federstrich am grünen Tisch angeordnet werden. Es sei vielmehr erforderlich, den Landesausschuß, der ja über kurz oder lang einberufen werde, hierüber zu fragen, nur wenn dieser die Verantwortung auf sich nehme, könne die Regierung mit gutem Gewissen in dieser Sache vorgehen, wenn sie es — überhaupt wolle. Ob sie das noch will, nachdem der absichtlich oder unabsichtlich ausgestreckte Fühler in der Kölnischen Zeitung solche Schmerzensschreie hervorgerufen hat, dürfte fraglich sein. Daß sie es aber gewollt hat, daß in dieser Angelegenheit ein Meinungsaustausch zwischen Straßburg und Berlin stattgefunden hat, halte ich für sehr wahrscheinlich. Jedenfalls könnte eine Vorlage an den Landesausschuß nichts schaden, denn durchführbar ist die Aenderung und Ersparnisse würden dadurch auch erzielt. Will der Landesausschuß nichts davon wissen, so hat man wenigstens den guten Willen der Negierung gesehen und einen Grund weniger zum Raisonniren.
In Straßburg bildet natürlich der dem Bundesrath vorgelegte Gesetzentwurf über die Erweiterung der Stadtumwallung das Tagesgespräch. Der Entwurf selbst ist in den Zeitungen bereits mitgetheilt. Ich habe also nicht, nöthig, ihn hier wörtlich wiederzugeben. Das Gebiet, welches in die neue