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von Thatsachen zu Tage zu fördern. Schon am 23. Januar 168t schrieb de la Reynie: „Die große Anzahl von Frevelthaten, über welche die Untersuchungen Licht verbreitet haben, machen einen niederschmetternden Eindruck, und obwohl dieselben von Leuten beschrieben werden, die sie selbst begangen haben und die früher schon oft wegen ähnlicher Verbrechen belangt worden sind, so machen die Berichte über dieses schmähliche Vergiftungsgewerbe doch fast den Eindruck der Uebertreibung, denn es kommen die unerhörtesten Dinge zu Tage, die alle Vorstellungen übersteigen." Zu den schwersten Verbrecherinnen gehörten die Brinvilliers und die Vanens, welche hauptsächlich unter dem Adel aufgeräumt hatten, und in zweiter Linie die La Voisin, die, so zu sagen, als bürgerliche Locusta gehaust hatte. Durch die Letztere waren z. B. eine Metzgersfrau aus dem Faubourg St. Antoine und eine Schreinermeisterin „glückliche" Witwen geworden. Auch in dem folgenden Drama schaffte sie die Lösung. Eine Mutter suchte den eigenen Sohn zu vergiften, der wiederum denselben Plan gegen die Mutter gefaßt hatte. Es entstand im Hause der Sibylle eine Art Geheimauction, ohne daß die Betheiligten wußten, wie es um sie stand. Schließlich errang die verruchte Mutter durch einen hohen Preis den Sieg. Die La Voisin trieb auch mit einer obstetrieischen Helfershelferin Namens La Pere ein infames Nebenhandwerk, bei dessen Ausübung sie sich mit cynischem Euphemismus des Geschäftsmottos bediente: „Rückerstattung der verlorenen Ehre." Ihre Tochter verwundete eine Hofdame der Königin-Mutter. Mlle. Guerchy auf eine Weise, daß ihr Geliebter Vitry ihren Leiden durch einen Pistolenschuß ein Ende machte. Wenn etwas die furchtbare Verkommenheit des damaligen Geschlechtes beurkundet, so ist es die von der Oliamdi'ö aräente gelieferte Statistik, wonach der La Pere und der La Voisin über zwölftausend Tödtungen dieser Art zur Last gelegt wurden. Das Ende der La Voisin war ihrer würdig. Als. sie eben im Begriffe stand, sich mit einem Sündengelde von 300,000 Franken außer Landes zu begeben, wurde sie ergriffen und am 22.'Februar 1680 auf dem Greveplatze lebendig verbrannt. Madame de Sevigne berichtet in einer ihrer frivolen Plaudereien, die Unholdin habe noch Abends zuvor mit gutem Appetit soupirt und zum Höhne geistliche Lieder gesungen. Sie fügt hinzu: „eil« äoima, Zevtimont Lou ^ viable." Auffallend würde es erscheinen, wenn nicht auch die Priesterschaft ihr Contingent von Missethätern dieser Gattung gestellt hätte. Auch weisen die Gerichtsacten etwa ein Dutzend auf, welchen damals der Prozeß gemacht wurde, eine nicht geringe Zahl, wenn man bedenkt, daß der mächtige Klerus ^siebzehnten Jahrhundert nicht leicht einen gefallenen Amtsbruder der weltlichen Gerichtsbarkeit auslieferte. ' „Der Fürchterlichste sagt de la Reynie, welcher mit allen Schuften und Unholden in Verbindung stand und die Giftmischerei als Künstler trieb, war der Abbi Guibourg. Er gab