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Der Tod des Prinzen Louis Ferdinand von Preußen.
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Jer Hob des Prinzen Louis Jerdimnd von Preußen.

Vor Kurzem ist in der deutschen Zeitungspresse vielfach von einem bedeu» tungsvollen Geschenk die Rede gewesen, welches dem deutschen Kaiser von Seiten des Fürsten von Schwarzburg - Rudolstadt dargebracht, worden, bestehend in einem kunstvoll gearbeiteten Tisch, von welch letzterem verschiedene Zeitschriften eine mehr oder weniger eingehende Beschreibung gegeben haben; und zwar alle mit der conformen Notiz, daß das Material hierzu diejenige Linde ge­liefert, unter welcher der Prinz Louis Ferdinand von Preußen in dem unglück­lichen Treffen bei Saalfeld am 10. Oktober des Jahres 1806 gefallen sei. Nun kann und soll allerdings nicht in Abrede gestellt werden, daß zu diesem Tisch Holz von einer Linde verwendet worden, welche vordem auf dem frag­lichen Schlachtfelde, dicht bei dem kleinen OrtWölsdorf" an dem Rand der Chaussee, welche jetzt dort vorüberführt, gestanden hat und dort vor noch nicht allzu langer Zeit gefällt worden ist. Auch ist es ganz richtig, daß sich eben diese Linde, an welcher der Schreiber dieser Zeilen oftmals vorübergegangen ist, neben einem noch daselbst ersichtlichen kleinen Denkstein befunden hat, dessen Inschrift also lautet:Hier fiel kämpfend für sein dankbares Vaterland Prinz Louis Ferdinand von Preußen am 10. Oktober 1806." Dieser In­schrift nach würde also, so lange nicht etwa nachgewiesen würde, daß jener Baum erst später vielleicht gleichzeitig mit der Errichtung des Denksteins gepflanzt worden, die Richtigkeit der Behauptung, daß unter dieser Linde der unglückliche Sprosse des preußischen Königshauses sein Leben ausgehaucht, keineswegs in Zweifel gezogen werden können.

Wenn dies im Nachstehenden gleichwohl versucht, und wenn hier der Nach­weis geliefert werden soll, daß, jenes Denksteins ungeachtet, der Prinz Louis Ferdinand an der durch eben diesen Stein bezeichneten Stelle nicht gefallen ist, so bedarf es wohl kaum der Versicherung, daß dies nicht in der Tendenz geschieht, die Bedeutung eines sinnigen Geschenkes abzuschwächen, welches nicht nur an eine trübe Vergangenheit mahnt, da ein unglückseliges Verhäng- niß über die preußische Armee hereingebrochen war und den Staat Friedrich's des Großen in seinen Grundfesten erschütterte, sondern welches auch zugleich von der glücklich strahlenden Gegenwart Zeugniß giebt, indem es von einem deutschen Fürsten dem erlauchten Haupt des preußischen Königshauses darge­bracht ward, von welchem die Schmach jener traurigen Tage im reichlichsten Maße gesühnt worden ist.

Dazu kommt, daß es an und für sich nicht eben von allgemeinem In­teresse und von großer historischer Wichtigkeit sein dürfte, die Stelle, an wel­cher der unglückliche Prinz gefallen, mit minutiöser Genauigkeit festzustellen. Gvenzboten I. 1875. 4