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für die Ultramontanen muß auf jeden denkenden deutschen Mann die Wahr- nehmung wirken, daß die gehorsamen Sklaven römischer Willkür und Gewissensknechtschaft im deutschen Reichstag als Hüter der Glaubens-, der Gewissensfreiheit, der Würde und Rechte des Reichstags sich geberden, daß sie gleichzeitig den Massen den Glaubenskrieg predigen und gleichzeitig den Vorwurf der Reichs- und Vaterlandslostgkeit frech von sich weisen. Solche Verlogenheit kann auf die Dauer nicht Dumme genug finden.
Indessen alle diese Hoffnungen reichen nicht aus, ein baldiges siegreiches Ende des Kampfes gegen Rom in Aussicht zu stellen. Und dennoch muß ein baldiges Ende das Ziel der deutschen Staatskunst sein, weil auch bei inneren Kämpfen der kürzeste Krieg der beste ist; weil die Autorität der Regierung und die öffentliche Moral unter jeder unnöthigen Verschleppung diese« Feldzuges erheblich leidet. Es soll damit nicht der Schatten eines Tadels auf den thatkräftigen Minister geworfen werden, der in wenig Jahren die unter Mühler so schmählich vernachlässigten Interessen des Staates gegenüber der Hierarchie mit einer über alles Lob erhabenen Festigkeit und Klarheit zur Geltung gebracht hat. Falk hat vor Allem das große Verdienst, in dem Kulturkampf den abschüssigen Boden der Verwaltungsmaßregeln, von denen so oft in Preußen nur allzureichlicher und verderblicher Gebrauch gemacht worden ist, niemals betreten, sondern von Anfang an klar und bestimmt nur an der Hand von Gesetzen gehandelt, und die richtigen gesetzlichen Formeln da gefunden zu haben, wo die Rechtsnormen vergangener Tage für die ungeheuer gesteigerte Machtfülle und Anmaßung hierarchischer Bestrebungen nicht mehr ausreichten.
Aber dennoch glauben wir nicht zu irren, wenn wir aus mancher der Enthüllungen, welche der Proceß Arnim und das vergangene Jahr überhaupt zu Tage gefördert hat, einen leisen Unmuth des Reichskanzlers darüber herauslesen, daß der große Kampf nicht rascher gefördert, daß er geführt worden ist ausschließlich mit der Taktik, Strategie und dem Rüstzeug des Juristen, nicht mit denen des Politikers. Manches Wort, das Bismarck ge- schrieben hat, oder das ihm zugeschrieben wird, läßt uns seine Stellung der bisherigen Kirchenpolitik gegenüber in dem Bilde ausdrücken: der gewaltige Mann steht mit erhobener Axt an einem enormen Baumstamm, um ihn zu fällen, und die Collegen und Parlamente stehen ihm bei mit Federmessern.
Die Bahn des Gesetzes, des Rechtes soll den schwarzen Friedensbrechern gegenüber mit Nichten verlassen werden in Zukunft. Aber vor Allem muß ein Schritt geschehen, der in demselbenMaße politischM, wie juristisch gerechtfertigt. Das Gesetz muß bestimmen, daß kein renitenter Priester, kein deutscher Staatsbürger, welcher der Beihülfe der ultramontanen Verschwörung und Auflehnung gegen den deutschen Staat überführt ist, irgend