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sich die Bewohner der umliegenden Aule mit aller ihrer transportablen Habe schleunigst in die Festung zurück und warten hier die Belagerung ab. Als die Russen anlangten, war jedoch Kysyl-Arwat bereits geräumt und auch die Citadelle stand leer. Oberst Markosoff zog nun mit seinem Corps in südöstlicher Richtung die Befestigungslinie der Tekke entlang und passirte die Festungen Kodsch, Sau, Kysyl-Tscheschli, Dschengi, die er gleichfalls schon geräumt fand, während bei den beiden letzten Punkten, die er erreichte, Bami und Beurma, 62 Werst von Kysyl-Arwat, die Turkmenen nicht Zeit gefunden hatten, ihre Kibitken in Sicherheit zu bringen. Die Gegend an den Abhängen des Gebirges wär ziemlich gut angebaut und durch zahlreiche kleine Bäche bewässert. Bei Kysyl-Arwat war ein solcher Bach aus seinem ursprünglichen Bette abgeleitet und vermittelst künstlicher Gräben durch die umliegenden Felder geführt, wo Weizen und Dschuwan, eine Art Hirse, auch etwas Baumwolle gebaut wurde. An den Bachufern waren Pappeln gepflanzt und hier und da Wassermühlen angelegt, die, mit alten Weiden umgeben, einen freundlichen und fast gemüthlichen Anblick gewährten. Die festen Ansiedlungen der Tekke erstrecken sich angeblich in einer Ausdehnung von 400 Werst am Gebirge entlang und enthalten außer Kysyl-Arwat noch eine Stadt oder namhaftere Ortschaft, Aschabad mit Namen. Doch befinden sich auch am obern Atrek und am Gurgan Niederlassungen der Tekke und zwar vom Stamme Aachalnischin, die jedoch Oberst Markosoff auf seiner Rekognoseirung nicht berührt hat. Er wandte sich, nachdem er seinen Zweck, die Räuber einzuschüchtern erreicht hatte, den Kjerjan-Dagh in einem langen, schluchtähnlichen Thale durchschreitend, in gerader Richtung nach dem Atrek zu, in dessen Thale fortziehend, er die Weiden der befreundeten Jomud und Tschikischlär erreichte. Diesen flößte der Zug gegen die Tekke die höchste Achtung ein. Sie hatten vor dem Auszuge des Obersten denselben wohlmeinend gewarnt, sich nicht mit ihren Stammverwandten am Kjerjan-Dagh einzulassen, vor deren Tapferkeit und Wildheit sie den größten Respekt hatten. -
H. Schmolke.
Der Prozeß Urnim.
Berlin, 20. Dezember 1874.
Nachdem in der Anklage gegen Gras Harry Arnim die öffentlichen Gerichtsverhandlungen am 13. Dezember beendet waren, ist gestern Nachmittag das Urtheil verkündet worden. Um diesem Prozeß sein Recht widerfahren zu lassen, müßte man eine umfassende Studie geben, welche in drei Haupttheile zu zerlegen wäre. Ein Theil müßte die veröffentlichten Aktenstücke und ihre