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Mangelt nicht an Anzeichen, daß die fremde Diplomatie in Madrid der Sache auf die Spur gekommen ist. Wir begegnen in Gesandtendepeschen wiederholt mehr oder weniger verdeckten Hinweisungen; wir erfahren durch dieselben Depeschen, daß auch die Minister Philipp's sich den fremden Botschaftern gegenüber mitunter in einer Weise ausgelassen haben, die ähnliche Gedanken in ihnen wachrufen mußte. Der vaticcmische Gesandte glaubte schon 1563 in seiner Relazion, also in einem Schriftstücke, das in der diplomatischen und höfischen Gesellschaft von ganz Europa bekannt werden mußte, von der zeitweisen Geistesabwesenheit des spanischen Jnfanten reden zu dürfen, mit dem Zusätze, daß dieser Zustand bei ihm um so bemerkenswerther wäre, als er ihn durch erbliche Uebertragung von seiner Urgroßmutter überkommen zu haben schiene.
Hier aber entsteht die Frage, welchen Glauben wir diesen Mittheilungen der spanischen Regierung und den durch sie beeinflußten diplomatischen Berichten beimessen können. Schmidt erhebt gegen ihre Glaubwürdigkeit Bedenken und Einwendungen, die ihm und vielleicht auch Manchem seiner Leser von Bedeutung erscheinen. Wir haben ihrer Prüfung unsere Aufmerksamkeit demnächst zuzuwenden. Wilhelm Maurenbrecher.
Friedrich Iischbach's Selbstbiographie.*)
Brief an einen Kunstgelehrten.
Lieber Freund. Ich folge mit einigem Widerstreben Ihrem wiederholten, Rundlichen Drängen, Ihnen mitzutheilen, wie ich mich in meinem Fache bisher herangebildet und bewegt habe. Sie wissen wie leicht der Vorwurf persönlicher Eitelkeit und Ueberschätzung von gewissen „Feunden" verbreitet ^ird, und dieser dürfte mir um so weniger erspart werden, als ja mein Fach ^s Aschenbrödel der Kunstsamilie und als Kleinkunst nur die große Basis ist. von der sich die „ausgezeichneten" Individualitäten der hohen Kunst Theben sollen.
Nachstehende Selbstbiographie war ursprünglich nicht für die Oeffentlichkeit bestimmt, ^'e sollte nur Material liefern zu einem biographischen Artikel. Da sie aber als lebendige Schilderung des Lebensganges eines unserer bedeutendsten Ornamentisten, welcher in vielsei- Wer und erfolgreichster Weise auf die Kunstindustrie unserer Tage von Einfluß gewesen ist, ^nd noch ist, seiner Bestrebungen und Kunst, seiner Anschauungen, die in ihrer ursprünglichen »orm jedoch auch für weitere Kreise von Interesse und für unsere Zeit im höchsten Grade Mrakteristisch ist, theilen wir sie hier unverkürzt mit. Sie kann manchem jungen Talent ein Mistern sein.