231
das Cabinet eines Kunstliebhabers, ebenfalls aus der Zeit des klassischen Alterthums, dar. Auf jenem ist der. Maler mit seiner Familie, auf diesem der Eigenthümer portraitirt. Die Personen erscheinen in streng antiker Gewandung, sind aber trotzdem prächtige, lebensvolle Gestalten. Ueberhaupt, was diesen Bildern einen ganz eigenartigen Werth verleiht, ist der Gedanke uns das Leben der Alten in menschlicher Weise nahe zu bringen, mit einem Worte, antike Genrebilder zu schaffen. Die Ausführung ist trefflich gelungen.
Historisches Genre mit Portraitmalern vereinigt trafen wir auch in einem Bilde unseres A. v. Werner, nur daß es sich hier nicht um das Portrait einer heute lebenden, sondern um das einer der betreffenden Epoche selbst angehörenden Persönlichkeit handelt. Das Bild zeigt Luther auf einem Familienfeste. In einer Villa sitzt die kleine Tischgesellschaft beim reichen Mahle, durch das Fenster und die offene Thür sieht man draußen einen Männerchor Postirt, welcher ein Ständchen bringt. Weiterhin liegt die Stadt mit ihren Thürmen, ihren Ziegeldächern und Festungsmauern. Der Reformator hält das Weinglas in der Hand und lauscht dem Gesänge, getreu seinem Spruche: >.Wer nicht liebt Wein. Weib und Gesang, der bleibt ein Narr sein Leben lang." Die energische Charakteristik der Figuren, das urkrästige Behagen, welches sich in dem Ganzen ausprägt, von einem Werner'schen Bilde noch besonders rühmen zu wollen, wäre Ueberfluß.
Daß das Gebiet der eigentlichen Genremalerei heutzutage noch immer das ergiebigste und rentabelste ist, hat auch die diesjährige Ausstellung wieder Aezeigt. Die Zahl der hierher gehörigen Bilder und Bildchen war Legion und es fällt sehr schwer, aus ihnen die erwähnenswertesten auszuscheiden. Zu den hervorragendsten gehörte eine äußerst drollige und bis in den kleinsten 3ug dem Leben abgelauschten Scene unseres geschätzten Künstlers Paul Meyerheim: „In der Wildenbude." Auf der Bühne vollführen die Rothhäute Unter schaurigem Geheul und entsetzlichen Verrenkungen ihre grotesken Künste, Unten steht, phantastisch costümirt und mit prahlerischer Geberde, der Expli- ^ator. Mit andächtigem Grausen betrachten die Mädchen und Weiber, mit Wderndem Enthusiasmus die Buben die wilden Sprünge. Ein gewaltiger Jagdhund macht Miene, sich an der Vorstellung activ zu betheiligen, wird "ber von seinem Herrn, einem derben alten Waidmann, mit der grünen Reife im Munde, noch rechtzeitig besänftigt. — Mit zwei trefflichen Genre- Widern war der Düsseldorfer Künstler Karl Boecker vertreten. Das eine, »Arn Drehbrett" betitelt, zeigt einen Jahrmarkt; im Vordergrunde versuchen ^«uernkinder mit dem bekannten Hazardspiel ihr Glück. Das Zagen und ^agen des drehenden Knaben und die ängstliche Neugier der umstehenden ^uben und Mädchen sind prächtig getroffen. Auf dem andern Bilde, „Theure Hotelrechnung", ist eine Bauernfamilie in ein elegantes Hotel gerathen. Wie