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Zeilen. „Am unvergänglichsten", sagt er, „wird das Werk Cavour's selber dauern: das Reich Italien. Auch zu diesem Zwecke, zur Erhaltung dieses unschätzbaren Gutes durch die italienische Nation wird die Geschichte Cavour's, das stets lebendige Andenken an ihn, einen Hebel bilden. Zwar war in dieser Richtung schon Vieles geleistet. Nicht der geringste Beitrag war vom befreundeten Deutschland geliefert. Es geschah durch die klassische Geschichte Italiens von Hermann Reuchlin, durch das glänzende Essay Treitschke's. Allein eine halbwegs erschöpfende Selbstbiographie fehlte noch. Die Stadt Turin wendete sich daher an einen vertrauten Freund Cavour's, den unter der Bourbonenherrschaft aus Neapel entflohenen Historiker Joseph Massari, Gelehrten und Staatsmann zugleich. . Er übernahm die beneidenswerthe Aufgabe, die Biographie Cavour's zu schreiben und alle andern Freunde Cavour's wetteiferten neidlos, ihm die ihnen zu Gebot stehenden Notizen zu überlassen. Vor Allem that dies auch die von Cavour innig geliebte und in seine Lebensschicksale am tiefsten eingeweihte Nichte, Marchese Alfieri."
So kam ein Werk zu Stande, das im besten Sinne als eine Selbstbiographie Cavour's gelten kann. Selbst in der liebevollen Nachgiebigkeit gegen den kirchenpolitischen Standpunkt seines Helden thut der feurige, auf dem Standpunkt der heutigen politischen Erfahrung stehende Neapolitaner seinen Gefühlen und seiner historischen Einsicht Zwang an, um Cavour ganz gerecht zu werden. Das deutsche Gewissen des Uebersetzers dagegen wehrt seine abweichende Ueberzeugung durch einige energische Noten. Das Werk Massari's wurde von der italienischen Nation wie ein Nationaldenkmal begrüßt. An demselben 8, November 1873, an welchem das Denkmal Cavour's in Turin enthüllt wurde, ging das Werk Massari's in wahrhaft monumentaler Ausstattung in die Welt. Der deutsche Verleger hat die deutsche Uebersetzung mindestens sehr freundlich ausgestattet. Der deutsche Uebersetzer hat sein bestes gethan, uns, selbstverständlich nicht durch wörtliche Uebertragung. den Inhalt des Massari'schen Werkes so treu als möglich, d. h. so wiederzugeben, als vb Massari als Deutscher zu Deutschen geschrieben hätte. Dadurch ist mancher unserm Geschmacke widerstrebende rhetorische oder sentimentale Schmuck, manche lehrhafte Einschaltung des Originals weggefallen, die Zahl der dortigen Abschnitte auf weniger als ein Fünftel verkürzt und überhaupt eine wesentliche Kürzung des Raums erzielt worden. Dagegen hat sich der Uebersetzer angelegen sein lassen, uns Deutschen einen wesentlichen Ersatz zu leisten für einen Fehler des Originals, der durch die persönliche Hingebung Massari's an Cavour veranlaßt, freilich auch dort durch seine individuelle Auffassung weniger fühlbar wird. Massari hat nämlich sehr wichtige, mit dem Leben und Wirken Cavour's gleichzeitige Ereignisse, sowie ihre Erklärung und Entwickelung aus der früheren italienischen Geschichte, gänzlich unberührt gelassen. Der ita-